Hexenküche

Was? Liebestrank?

Erschrocken holte Sascha Luft und inhalierte damit mehr von dem ungewohnten Duft, der die beleibte Orkin umwehte, als ihm lieb war. Zu seiner Überraschung roch sie nicht unangenehm, eher exotisch wie eine Mischung aus dem Kräuterbeet seiner Mutter und der Doktortasche des reisenden Medicus, der den Hof seines Vaters regelmäßig im Frühjahr und Herbst besuchte, um sich der Leiden anzunehmen, die man mit den üblichen Hausmitteln nicht kurieren konnte.

Was bedeutete, sie brauchte ihn für einen Liebestrank? Eingedenk der Schläge, die er schon für kleinere Fragen kassiert hatte, hielt er lieber den Mund, solange die Krieger in der Nähe waren. Stattdessen lief seine Vorstellungskraft Amok. Kalter Schweiß brach ihm aus. Was immer diese Hexe mit ihm vorhatte, es konnte nichts Gutes sein. Bestimmt wollte sie ihm irgendwelche Körperteile abschneiden, um sie als Zutaten in ihrem Gebräu zu verwenden. Allein der Gedanke daran, welche Teile das sein könnten, jagte ein schmerzhaftes Ziehen durch seinen Unterleib.

Anstatt erleichtert zu sein, den Klauen seiner Peiniger zu entkommen, wünschte er sich, sie würden die Leine nicht an die Matrone übergeben. Doch er konnte nichts dagegen tun. Fest hielt sie das Ende des Seils in ihrer Hand und watschelte auf den dunklen Tunnel zu. Gezwungenermaßen trottete er hinter ihr her.

Das Tageslicht blieb zurück und bald wanderten sie in undurchdringlicher Schwärze. Glücklicherweise blieb das Tempo gemächlich, so dass er den Weg mit den Füßen erfühlen konnte. Seiner Sicht beraubt schärften sich die anderen Sinne. Anhand des Echos ihrer Schritte konnte er erkennen, ob sie sich in einem schmalen oder weiten Gang bewegten und wann sie Abzweigungen passierten. Sein Geruchssinn vermeldete ihm die Nähe der seltsamen Frau und nach einiger Zeit auch den Rauch eines schwelenden Feuers.

Ein zunehmender rötlicher Schimmer kündigte an, dass sie sich einem Ziel näherten. Klappern, Schaben und unverständliches Geschnatter wies auf die Anwesenheit mehrerer Personen hin.

Sechs Ork-Weiber werkelten in einer Grotte, die einer wahren Hexenküche glich. Im Zentrum blubberte ein riesiger Kessel über einem Glutbecken, dessen Hitze Sascha schon aus der Entfernung spürte. Dampfschwaden waberten an die Decke, wo sie einen dichten Nebel bildeten.

Die Weibsbilder waren alle wesentlich jünger als die Matrone und auch deutlich weniger gewichtig. Langes schwarzes Haar umwallte ihre Häupter. Bis auf Lendenschurze trugen sie nichts am Leib, Schweißperlen glitzerten auf ihrer glatten, grünen Haut. Neugierig beäugte der Bursche die fast nackten Gestalten. Seiner eingeschränkten Erfahrung nach, die sich darauf beschränkte, dass er ein paar Mal die Mägde auf dem elterlichen Hof beim Baden bespitzelt hatte, unterschieden sie sich kaum von ihren menschlichen Geschlechtsgenossinnen.

Wie auf ein Kommando hin gingen die sechs auf die Knie und verbeugten sich vor den Ankommenden. Auch wenn Sascha klar war, dass die Ehrerbietung nicht ihm galt, konnte er sich dem Zauber, so viele junge Frauen vor sich knien zu sehen, nicht entziehen und Blut schoss in seine Lenden.