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Chapter 20
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Der Oger
Laureana hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Sie wusste nicht, wie lange es her war, dass Prinz Heinrich sie gefunden hatte und kurz darauf die böse Zauberin ihn in ihren Bann geschlagen und vor den Augen der Gefesselten verführt hatte, um ihr jede Hoffnung auf Rettung zunichte zu machen. Manchmal zweifelte Laureana sogar, ob all das tatsächlich passiert war oder es sich ein weiteres Mal nur um ein falsches Trugbild ihrer Kerkermeisterin gehandelt hatte, um sie zu foltern.
Zumindest war sie aus der unbequemen Stellung in der gewölbten Kammer, hochgereckt an Ketten, so dass sie kaum auf Zehenspitzen balancieren konnte, befreit und in eine kleinere Zelle verbracht worden. Dafür hatte man ihr das letzte Kleidungsstück, das ihren zarten Leib noch einigermaßen bedeckt hatte, fortgenommen. Einen Sinn konnte sie in all diesen Schikanen nicht erkennen. Aber brauchte ein Wesen, das die Bosheit selbst zu sein schien, überhaupt einen Grund dafür, sein Opfer zu erniedrigen?
Es war dunkel in ihrem winzigen Gefängnis bis auf schwaches rötliches Licht, das durch einen Spalt am unteren Ende der massiven Tür fiel. Ihre Augen hatten sich so an das Halbdunkel gewöhnt, dass ihr sofort auffiel, als sich das Leuchten veränderte. Ein an- und abschwellender Schimmer wirkte, als trage jemand eine pendelnde Laterne. Kurz darauf hörte Laureana schwere Schritte näherkommen, die direkt vor ihrer Tür stoppten. Dann wurde ein Riegel knirschend zur Seite geschoben.
Nichts Gutes ahnend drückte sich die Prinzessin in die hinterste Ecke ihres Verlieses und starrte ängstlich auf den Ausgang. Als das hässliche Gesicht eines Ogers im breiter werdenden Türspalt auftauchte, schrie die Gefangene auf. Im Licht- und Schattenspiel der Lampe, die er auf dem schmutzigen Boden abgestellt hatte, erschienen seine grobschlächtigen Züge besonders monströs. Mächtige Muskeln spannten sich unter seiner dicht behaarten, ledrigen Haut. Einen fleckigen Lendenschurz trug er als einziges Kleidungsstück.
„Geh weg, du Ungeheuer. Lass mich in Frieden!"
Entweder wollte oder konnte er sie nicht verstehen. Ein langer Arm schon sich in die Zelle und eine schwielige Hand mit abgebrochenen Fingernägeln packte die kreischende Frau. Im Vergleich mit dem massigen Wärter wirkte sie beinahe wie eine Puppe. Ohne jede Anstrengung warf er sein zappelndes Bündel über eine Schulter und stapfte den Gang entlang und dann eine steile Treppe hinauf, die nicht enden wollte.
In ihrer unbequemen Lage hatte die Prinzessin den ungehinderten, aber vollkommen unerwünschten Anblick der Rückpartie ihres Entführers, über das muskulöse Gesäß bis zu den stämmigen Beinen. Ekelerregender Gestank, der aus den niederen Regionen des Ogers aufstieg, überschwemmte ihre Nase und ließ ihre Augen tränen.
Schließlich erreichte das seltsame Paar einen offenen Zugang zu einem kleinen, schmucklosen Raum. Der Riese warf sein Paket einfach hindurch. Dann zog er die Tür zu, deren Verschluss hörbar zuschnappte.
Der Aufprall auf den Boden hatte Laureana benommen gemacht. Im Bemühen, den Kopf wieder frei zu bekommen, blinzelte sie und atmete kräftig durch. Die Luft war trocken und staubig, doch nach der vorangegangenen Erfahrung glücklicherweise geruchslos. Als sie sich einigermaßen besser fühlte, rappelte sie sich auf, wankte zum Ausgang und rüttelte versuchsweise daran. Er war fest verriegelt.
Dann drangen Stimmen und andere Geräusche in ihr Bewusstsein. Neugierig sah sie sich nach deren Quelle um. Das Zimmerchen war winzig, kaum zwei Schritte durchmessend, und entbehrte jeder Einrichtung. Das einzige Merkmal war ein bodentiefes Fenster, das den Blick auf das Nachbarzimmer gewährte. Von dort drangen die Laute herein.
Das Fensterglas verzerrte die Sicht derart, dass man den gesamten Nebenraum überschauen konnte, obwohl dieser wesentlich größer war, als der Beobachtungsposten der Betrachterin. Laureana erkannte kostbare Möbelstücke, allen voran ein großes Bett, das ihre Aufmerksamkeit anzog. Darauf lagen zwei Personen in inniger Umarmung. Entsetzt erkannte sie Prinz Heinrich, der die Hexe Valyna liebkoste.
Selbstverständlich wandte sie sofort ihre Augen ab, doch konnte sie nicht umhin, der Unterhaltung der beiden zu lauschen, denn so wie das seltsame Fenster die Sicht auf den gesamten Raum öffnete, verstärkte es auch die Töne, damit man jedes geflüsterte Wort verstehen und das kleinste Geräusch hören konnte.
Sie hämmerte mit den Fäusten gegen das Glas und schrie Heinrichs Namen, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Doch er nahm keinerlei Notiz von ihr. Offenbar handelte es sich um ein magisches Fenster, das nur in eine Richtung durchlässig war.
**** rutschte Laureana mit dem Rücken an der Wand herab, bis sie auf dem Boden saß. Tränen rannen ihre Wangen hinab. Ihrem Verlobten so nah zu sein und ihn doch nicht erreichen zu können, war die perfideste Qual, die sich die Hexe bislang ausgedacht hatte. Und noch dazu musste sie mit ansehen und anhören, dass er entweder völlig den Verstand verloren hatte oder willenlos unter einem bösen Bann stand. Wie sonst wäre zu erklären, was er tat?
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Prinz Heinrich und die Hexe
Prinz befreit Prinzessin
Der heldenhafte Märchenprinz Heinrich dringt in den Turm der bösen Hexe ein, um seine geliebte Prinzessin zu befreien.
Updated on Nov 24, 2023
Created on Oct 21, 2023
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