Generation XXX

Generation XXX

In Tokio ist die Hölle los

Chapter 1 by Hentaitales Hentaitales

"Auf die Plätze..."

Der schrille Klang der Trillerpfeife gellte durch die Schwimmhalle, und Tsukune stieß sich mit einem federnden Satz vom Startblock ab und glitt elegant ins Wasser des Beckens, zusammen mit sieben anderen Schwimmerin in ihrer Altersgruppe aus der Region. Sie vollführte die erlaubten anderthalb Schwimmzüge unter Wasser und paddelte dann nur mit dem Beinschlag geradeaus, bis es sie an die Oberfläche trieb, wo sie sogleich wieder mit den Armbewegungen begann.

Das Schulmädchen hatte in den vergangenen Wochen fast wie besessen für Umi no hi trainiert, den "Tag des Meeres", an dem an ihrer Oberschule die Ausscheidungen für die nationalen Jugendschwimmeisterschaften der ganzen Region stattfanden. Vor zehn Wochen hatte sie zum ersten Mal bei einem Training die Zeit von einer Minute auf 100 m unterboten, und von dem Tag an hatte sie ihre Anstrengungen verdreifacht. Schon vorher hatte sie zu den guten Schwimmerinen ihrer Altersgruppe gehört, aber war vorher nie stark genug gewesen, um ganz vorne im Feld mitzumischen. Aber jetzt hatte sie realistische Chancen - sie war inzwischen so stark geworden, daß ihre Trainerin sie am Prüfungsschwimmen für den "Tag des Meeres" hatte teilnehmen lassen, und das Mädchen hatte sich gegen ihre Mitschülerinnen durchsetzen können.

Doch das war nur gegen die Konkurrenz an ihrer eigenen Schule gewesen; was Tsukune heute bevorstand, war von anderer Qualität. Insgesamt zehn Oberschulen aus der Region hatten insgesamt sechzehn Schwimmerinnen geschickt, und nur zwei von diesen sechzehn würden bei den nationalen Ausscheidungen teilnehmen können - die zwei mit den besten Gesamtleistungen in allen vier Schwimmstilen. Tsukune selbst war im Rückenschwimmen nur mäßig und mit der sechstbesten Zeit aller Schwimmerinnen angekommen; im Brust- und Schmetterlingsstil hatte sie immerhin die jeweils viertbeste Zeit herausgeschwommen. Aber ihre Stärke war der Freistil, und wenn sie den gewinnen konnte, lag sie mit insgesamt 23 Punkten auf Platz 2. Der erste war ohnehin schon für Chiesako Tonari von der Heizuha-Schule reserviert, die bislang alle Wettbewerbe hatte gewinnen können. Mit bereits 30 Punkten konnte sie niemand mehr gefährden, also würde sie sich im letzten Rennen schonen. Und hier, so hoffte Tsukune, schlug ihre Stunde.

Beim Freistilschwimmen war es nicht möglich, das ganze Feld der Mitschwimmerinnen im Auge zu behalten, ohne dabei zu viel Zeit zu verlieren; man sah bei seinen Atemzügen immer nur die beiden Schwimmerinnen auf den Bahnen links und rechts neben sich. Immerhin gelang es dem Mädchen, gegenüber diesen beiden bis zur Wende einen guten Vorsprung herauszuschwimmen. Tsukune tauchte ab, schlug mit den Beinen regelgerecht an der Beckenwand an und stieß sich zu einem kräftigen Schwimmzug ab. Als sie wieder auftauchte, sah sie, daß sie ihren Vorsprung gegenüber beiden Konkurrentinnen immer noch hatte.

Nur noch vierzig Meter, und es sah gut aus. Tsukune beschleunigte ihren Armschlag noch einmal leicht zum Endspurt - sie hatte sich auf der ersten Bahn noch ein wenig zurückgehalten, und trotzdem lag sie nun in Führung gegenüber den Nachbarschwimmerinnen. Vielleicht ging ihre Taktik ja wirklich auf, sich für den allerletzten Endspurt noch ein wenig Kräfte zu sparen. Noch dreißig Meter zum Ziel. Ihre Kondition war wirklich sehr viel besser geworden... auch weil die letzten Ereignisse ihren Willen sehr bestärkt hatten, körperlich fitter zu werden. Wenn man einmal in einer lebensbedrohenden Situation war, änderte man viele seiner Ansichten...

Noch zwanzig Meter. Tsukune wischte die Gedanken an die gemeinsamen Ereignisse mit Hitomi und Sakura aus ihrem Kopf. Schade, dass ihre beiden Freundinnen heute nicht hier sein und das mit ansehen konnten. Sakura war mit ihrer über Umi no hi ans Meer gefahren, und Hitomi besuchte ihre Großeltern in Kyoto. Nun ja - es würde sich sicher wieder Zeit zu dritt finden. Noch zehn Meter, und links und rechts niemand zu sehen. Das Mädchen biss die Zähne zusammen und streckte sich gewaltig zum Endspurt.

Und in diesem Moment schoß die Schwimmerin zu ihrer Rechten förmlich an ihr vorbei, überholte sie auf den letzten Metern und schlug eine halbe Sekunde vor Tsukune an der Beckenwand an.

Wie betäubt starrte das Mädchen auf ihre Konkurrentin, die fast aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht war und die nun am Beckenrand klammerte, während die Stimme des Hallensprechers den aufkommenden Jubel auf den Zuschauerrängen durchbrach: "Mit einem fulminanten Endspurt als erste im Ziel", erklang es, "auf Bahn sechs mit einer Zeit von 58 komma 43 Sekunden - Miko Mizumi!"

Während Tsukune immer noch fassungslos zu dem Mädchen neben sich blickte, sah sich dieses müde in ihre Richtung um. Ihr Gesicht wirkte erschöpft - das war nur normal nach einem solchen Rennen - doch es zeigte sich kaum Freude über den Sieg in ihren dunkelgrauen, fast schwarzen Augen. Fast teilnahmslos hievte sie sich aus dem Schwimmbecken heraus, zog ihre Badekappe vom Kopf, so dass ein wuscheliger Schopf rötlich-violett gefärbter Haare zum Vorschein kam, winkte ohne Anzeichen besonderer Regung zum Publikum und verschwand dann fast sofort in Richtung der Dusche.

Seufzend zog auch Tsukune sich aus dem Wasser und blickte zur Anzeigetafel. Mit sieben Punkten für den zweiten Platz in diesem Rennen hatte sie insgesamt zwanzig Punkte erreicht - Platz drei hinter Chiesako Tonari (36 Punkte) und Miko Mizumi (24 Punkte). Sie würde für den dritten Platz einen Pokal erhalten - das war bislang ihre beste Leistung überhaupt gewesen - doch richtig freuen konnte sich das Mädchen nicht. Sie hatte die Chance gehabt, an einem nationalen Wettbewerb teilzunehmen, und sie hatte sie verspielt.

"Neunundfünfzig achtundzwanzig", hörte Tsukune in diesem Moment eine bekannte Stimme hinter sich, und im nächsten Moment legte sich die Hand ihrer Trainerin auf die Schulter des Mädchens. "Gratuliere Dir... neue persönliche Bestzeit"

Seufzend drehte sich das Mädchen um und sah zu der Frau auf. "Aber es war immer noch nicht gut genug, Matsu-sensei", meinte sie leise. "Wäre ich im Schnitt als Dritte angekommen, hätte es vielleicht ausgereicht. Oder eben ein Rennen gewinnen. Aber zum Siegen bin ich nicht schnell genug."

"Noch nicht schnell genug", korrigierte Honoka Matsu, die Vertrauenslehrerin des Schwimmclubs der Schule, Tsukunes Worte und lächelte sanft. "Tsukune, du hast in den letzten Wochen ungeheure Fortschritte gemacht. Noch drei Monate Training, und Du schwimmst regelmäßig unter neunundfünfzig Sekunden. Dann machen wir Techniktraining, und bis nächstes Jahr schwimmst du in allen Wettbewerben davon."

"Ja", seufzte das Mädchen traurig, "nächstes Jahr. Aber das hätt ich auch langsam haben können. Ich hab in den letzten Wochen wirklich alles gegeben... hab meine Prüfungsvorbereitungen vernachlässigt, und meine Freundinnen hab ich seit vierzehn Tagen auch nicht mehr gesehen..."

Sachte schlang die Trainerin beide Arme um Tsukune. "Jetzt mach dir doch nicht so viel Gedanken darum", meinte sie, "und geh erst mal zu deinen Eltern da hinten auf der Tribüne. Ich bin sicher, die werden dir auch gratulieren wollen." Sie ließ das Mädchen langsam aus der Umarmung und lächelte ihr aufmunternd zu. "Kopf hoch, du hast immerhin bewiesen, dass du im Moment die beste Schwimmerin an unserer Schule bist."

Zaghaft gab Tsukune das Lächeln zurück und lief zu den Zuschauertribünen, wo ihre Eltern schon aufgestanden und heruntergelaufen waren. Stolz strahlte ihre Mutter sie an, als sie auf sie zutrat, und ihr Vater nickte hinter halben Brillengläsern ebenso anerkennend. "Gratulation, Tsu-chan", meinte er, "das war eine tolle Leistung. Du hast von Anfang an in Führung gelegen, und erst ganz am Ende hat dich jemand eingeholt. Wenn du noch ein bisschen an deinem Endspurt arbeitest, dann..."

"Jetzt sag ihr doch nicht gleich, dass sie etwas noch besser machen könnte", fiel Kogata Futokoro, Tsukunes Mutter, ihrem Ehemann ins Wort. "Tsukune-chan, das war eine tolle Leistung! Du bist insgesamt Dritte, weißt du das? Und zweite in diesem Wettbewerb! Das heißt, du bekommst den Pokal für den dritten Sieger und eine Silbermedaille!"

"Silbermedaillen gibt's nur bei den Olympischen Spielen", schmunzelte Tsukune. "Aber den Pokal bekomme ich noch, das ist richtig. Und To-san, du hast recht", wandte sie sich an ihren Vater, "ich muss an meinem Endspurt noch arbeiten. Vor allem aber muss ich im Rückenschwimmen besser werden. Wäre ich da Zweite gewesen, hätte ich einen Punkt mehr als diese Miko gehabt, und ihr Sieg hätte ihr nichts gebracht. Aber wenn ihr mich entschuldigt, ich geh jetzt erst mal duschen."

Ihre Mutter nickte. "Sei zur Siegerehrung wieder da", rief sie ihr zu, "ja, Schatz?"

Aber darauf antwortete Tsukune schon nicht mehr. Das Schlimmste am Teenager-Dasein waren immer noch die eigenen Eltern. Ihr Vater, der sie Tsu-chan nannte, als wäre sie noch ein Kleinkind, und ihre Mutter, die ihr zutraute, zu ihrer eigenen Siegerehrung zu spät zu sein... das Mädchen verdrehte im Weggehen die Augen. So eine Peinlichkeit. Aber wenigstens waren ihre Eltern noch halbwegs normal und noch nicht so paranoid wie Sakuras Vater, der seine Tochter wegen Angst vor Magersucht fast aus dem Gymnastikclub abgemeldet hätte.

Wie dem auch sei. Das gutgebaute Mädchen freute sich jetzt erst einmal gehörig auf eine schöne heiße Dusche. Rasch schritt sie in den Duschraum, öffnete den Knopf ihres Badeanzuges und drehte dann das heiße Wasser auf, um sich unter dem fließenden Strahl von den Anstrengungen des Wettbewerbs zu entspannen...

...und sprang mit einem erschrockenen Kieksen weg, als das Wasser nur noch kalt zu fließen begann.

Einige Sekunden lang testete Tsukune mit ihrer Hand den Strahl, doch es war tatsächlich so: nur noch kaltes Wasser kam aus dem Duschkopf. Anscheinend hatte in den zehn Minuten, in denen sie noch mit ihrer Trainerin und ihren Eltern gesprochen hatte, jemand das letzte heiße Wasser weggeduscht. Und das konnte eigentlich nur eine gewesen sein, die noch rasch vor ihr in Richtung Dusche gegangen war...

"Erst klaut sie mir den Sieg", grollte das Mädchen in sich hinein, "und dann das heiße Wasser. Na warte, Miko Mizumi, das gibt eine Abreibung die sich gewaschen hat."

Und mit festen Schritt machte sich das Mädchen auf zu den Umkleidekabinen, ohne zu ahnen, was sie dort erwarten würde...

Ja, was denn?

Want to support CHYOA?
Disable your Ad Blocker! Thanks :)