Eine Liebe von P

P hebt den Hörer ab, kaum dass das Telefon zu klingeln beginnt. Am anderen Ende der Leitung meldet sich eine ihm bis dahin unbekannte Stimme – es ist K. Ihre Stimme überrascht ihn sofort: sie ist hell, klar und zugleich lebendig, fast so, als würde sie beim Sprechen leicht lächeln.

Außerdem klingt in ihr eine kaum wahrnehmbare schwäbische Melodie, die P an die Mädchen seiner Jugend erinnert. In seinen Gedanken sieht er eine kleine dunkel haarigen Hübsche mit frechem Lächeln.

K stellt sich kurz vor und erklärt mit ruhigem, sachlichem Ton, dass sie die Koordination der bevorstehenden Exkursion übernommen habe. Mit angenehmer Leichtigkeit schildert sie die organisatorischen Details – eine größere Gruppe von Studierenden soll sich demnächst in W einfinden, um dort an einem gemeinsamen Projekt teilzunehmen.

P hört aufmerksam zu, reagiert mit kurzen Antworten, stellt gezielte Rückfragen, wie es sich gehört. Doch schon nach wenigen Minuten bemerkt er, dass seine Konzentration nicht mehr vollständig beim Inhalt des Gesprächs liegt. Vielmehr beginnt er, sich in den Klang von Ks Stimme zu verlieren – in ihre Tonlage, den Rhythmus, die Art, wie sie spricht. Ein leises Ziehen in der Brust es ist, als würde er durch ihre Worte hindurch etwas fühlen, was er in seinem Alter kaum noch für möglich gehalten hat.

Zwar lebt P in einer festen Beziehung, aber dennoch hat er sich Wohl oder Übel in eine Stimme verliebt. Als er auflegt, bleibt ein Lächeln auf seinem Gesicht zurück, das den ganzen restlichen Tag nicht verschwinden will.