
EbayPsychologin
neue Therapie ansetze
Chapter 1
by Aregon
Es ist schon spät am Abend, als ich an meinem PC sitze und auf eBay nach neuen LEGO-Sets für meine Sammlung suche. Meine Augen sind schon fast am Zufallen, sodass ich beschließe, bald ins Bett zu gehen. Doch gerade, als ich den Computer herunterfahren will, sehe ich eine Anzeige, die sofort mein Interesse weckt.
„Oh, mega! Das Set suche ich schon ewig. Gleich mal anschreiben!“, denke ich und schicke schnell eine Nachricht an den Verkäufer – aus Angst, dass mir jemand dieses super Angebot vor der Nase wegschnappt, so wie es leider schon öfter passiert ist.
„OH SUPER!!!“ Ich freue mich riesig. Gerade wegen dieser großen Freude fällt es mir schwer, nicht sofort ins Auto zu springen und loszufahren – immerhin haben wir es schon 23:30 Uhr. Aber ich bin mir sicher, dass es auch okay ist, wenn ich das Set morgen früh abhole.
Also gehe ich erstmal ins Bett. Auch wenn es mir schwerfällt, einzuschlafen – vor lauter Vorfreude – schaffe ich es irgendwann doch.
Am nächsten Morgen wache ich pünktlich zum ersten Hahnenschrei auf, mache mich schnell fertig, hüpfe in mein kleines Auto und fahre los.
Das Navi führt mich zuerst durch mein kleines, bescheidenes Dorf, das an diesem Samstagmorgen so still und ausgestorben wirkt wie immer, bevor es mich eine knappe halbe Stunde über Landstraßen zu meinem Ziel: dem Ort Lummerbach, schickt.
In dem kleinen Örtchen muss ich noch zweimal abbiegen – und schon bin ich an meinem Ziel angekommen.
Ich parke eine Straße weiter auf einem kleinen öffentlichen Parkplatz und laufe zu der Adresse, die im Verkäuferprofil hinterlegt war.
Auf dem Weg zu dem Haus atme ich die kühle Herbstluft ein, während ich die Sonnenstrahlen genieße, die sich durch den leichten Nebel kämpfen.
Nach zwei Minuten Fußweg stehe ich vor dem gesuchten Haus und klingele an der Tür. ich weiß auf anhieb nicht ganz wo da es zwei Klingel Schilder gipt, einmal Fam. Bergman und Praxis Fr. Dr. Bergman zur Sicherheit drücke ich mal auf beide irgent jemand würd schon aufmachen.
„Oh, hallo! Du musst Liam sein“, sagt die großgewachsene Frau, die mir mit einem mütterlichen Lächeln die Tür öffnet.
Sie bittet mich herein und weist mich an, kurz im Wartezimmer Platz zu nehmen.
Im Wartezimmer? Ich stutze kurz, kombiniere dann aber im Kopf, dass sich im Erdgeschoss wohl die Praxis befindet.
Ich ziehe meine Schuhe aus und gehe den kurzen Flur entlang, vorbei an ein paar geschlossenen Türen, bis ich in einem großen Wartezimmer stehe.
Die Frau verschwindet hinter einer der Türen.Etwas perplex stehe ich im Raum und frage mich, warum ich überhaupt warten muss. Während ich grüble, lasse ich meinen Blick durch das Zimmer schweifen.
Zwei große rote Sofas bilden gemeinsam mit einem Wohnzimmertisch eine gemütliche Sitzecke. Daneben steht eine riesige Zimmerpflanze, die fast bis zur Decke reicht. In einer anderen Ecke entdecke ich einen kleinen Tisch mit passenden Kinderstühlen – auf ihm liegen Buntstifte und halb ausgemalte Malbilder.
Nicht weit davon entfernt steht unter einem großen Fenster ein breiter Wickeltisch.
Direkt neben der Eingangstür befindet sich ein Zeitschriftenhalter, der fast überquillt – vollgestopft mit Klatschzeitschriften und Informationsbroschüren.
Ich beschließe, mir eine der Broschüren etwas genauer anzusehen, um vielleicht mehr über diese Praxis herauszufinden.
Mit dem Heft in der Hand lasse ich mich auf eines der gemütlichen Sofas fallen und beginne, es neugierig zu durchblättern.Auf dem Deckblatt ist genau die Frau zu sehen, die mir eben die Tür geöffnet hat.
Sie steht mit ausgebreiteten Armen und einem warmen Lächeln inmitten von Kindern und Jugendlichen, die irgendwo zwischen 3 und 16 Jahre alt sein dürften.
Darüber prangt die Überschrift:
„(Klein)****- und Jugendpsychotherapeutin Frau Dr. Silke Bergman“
Der Infotext auf der Innenseite liest sich in etwa so:
Hallo, ich bin Silke Bergman, ****- und Jugendpsychotherapeutin aus Überzeugung.
Schon seit der Erziehung meiner eigenen Tochter liegt mir das psychische Wohl und die gesunde Entwicklung aller **** und Jugendlichen sehr am Herzen.
Ich gehe in meiner Arbeit manchmal auch ungewöhnliche Wege – stets in Abstimmung mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der modernen Jugendpädagogik.
„Ah“, sage ich leise und lege die Broschüre zur Seite.
Ich schlendere ein wenig durch den Raum.
Zuerst werfe ich einen Blick auf die Ausmalbilder, die auf dem Kindertisch liegen. Typisch für ****: Die Aufgabe, innerhalb der Linien zu bleiben, wurde eher nachlässig erfüllt. Die Motive sind vielfältig – einige zeigen fröhlich lachende Sonnen, andere Feuerwehrfahrzeuge und ähnliche kindgerechte Szenen.
Ein Bild jedoch sticht deutlich hervor: Es zeigt einen jugendlichen Jungen im Cartoon-Stil, der Windeln trägt und einen Schnuller im Mund hat. Merkwürdig ist, dass dieses Bild im Gegensatz zu den anderen perfekt ausgemalt ist – sauber, gleichmäßig, kein einziger Strich außerhalb der Linien.
Ich runzle kurz die Stirn, aber ehrlich gesagt denke ich mir nicht viel dabei und gehe weiter.
Nun stehe ich vor dem Wickeltisch.
Ich nehme einfach an, dass er für die jüngeren Patienten gedacht ist – solche, die ihre Körperfunktionen noch nicht kontrollieren können.
Warum der Tisch allerdings im Wartezimmer steht und nicht etwa in einem Badezimmer, erschließt sich mir nicht ganz. Aber gut – es wird schon seinen Grund haben.
Auf dem Wickeltisch steht ein kleines Körbchen mit Pampers.
Sie haben etwas Hypnotisierendes – so weich und kuschelig, wie sie aussehen.
Ich streichele mit dem Handrücken über die Oberfläche und versuche mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal mit Windeln in Berührung gekommen bin.
Doch bevor ich zu einem Ergebnis komme, werde ich plötzlich aus meiner Trance gerissen:
„Hallo, junger Mann – ich hätte nun Zeit für dich. Entschuldige die Wartezeit, ich hatte heute noch einen Patienten, den ich erst fertig behandeln musste.“
Ich schrecke heftig zurück und weiche mit einem erschrockenen Laut einen Schritt zurück.
Was hat sie wohl gesehen?
Was denkt sie sich jetzt, was ich da gerade vorhatte?
„Oh… ha-hallo, Frau Be-Be-Bergman?“ stottere ich mühsam hervor.
Sie zieht eine Augenbraue hoch und schaut mich leicht verwundert an – als könne sie meine plötzliche Unsicherheit nicht ganz einordnen.
„So, so... du willst also das LEGO kaufen?“, sagt sie mit einem scherzhaften Lächeln auf den Lippen. Dabei stemmt sie die Arme ausdrucksstark in die Hüften.
„Bist du dafür nicht ein bisschen zu alt?“
Ich versuche zu lächeln, bin aber noch immer etwas überrumpelt.
„Na dann komm mal mit – das LEGO ist im Nebenzimmer.“
Während sie das sagt, streckt sie mir ihre Hand entgegen, als wolle sie mich einladen, sie zu ergreifen.
Obwohl mich die Geste ein wenig verwirrt, greife ich – vielleicht gerade deshalb – automatisch danach, einfach aus Reflex.
Sie zieht mich sanft aus dem Wartezimmer und gleich in den Raum direkt rechts daneben.
Vor mir erstreckt sich das Paradies eines jeden LEGO-Sammlers:
Hunderte Sets, originalverpackt und vollständig, stapeln sich übereinander – eins seltener und älter als das nächste.
„Woow...“ ist alles, was ich herausbringe.
„Ich hab beim Aufräumen noch ein bisschen mehr gefunden, als eigentlich in der Anzeige stand.“
Sie sagt das so beiläufig, als würde es sich um alte Klatschzeitschriften handeln – und nicht um den heiligen Gral der Klemmbaustein-Sammler.
„Wenn du willst, kannst du gerne auch die neuen Sets durchsuchen. Vielleicht findest du ja ein paar interessante Stücke.“
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich löse mich von ihrer Hand – die ich offenbar die ganze Zeit noch gehalten habe – und stürze mich voller Euphorie auf die Stapel im Abstellraum.
Ich schaue hier, durchforste dort, entdecke Raritäten und fast vergessene Schätze... bis mich die Realität einholt.
Wenn ich ehrlich zu mir bin, kann ich mir wahrscheinlich keines dieser Sets leisten – schon gar nicht, nachdem ich direkt nach meiner abgeschlossenen Ausbildung arbeitslos geworden bin. Mein Budget ist derzeit mehr als knapp.
Ich lasse das Set, das ich gerade in der Hand halte – ein seltenes Fluch der Karibik-Set – langsam sinken. Mein Kopf folgt.
Frau Bergman, die immer noch im Türrahmen steht, scheint meine plötzliche Ernüchterung zu bemerken.
„Was ist denn los?“, fragt sie mit einem besorgten Unterton.
„Ach, nichts… mir ist nur klar geworden, dass ich mir das wahrscheinlich alles nicht leisten kann. Ich würde einfach das Set nehmen, über das wir geschrieben hatten.“
Ich greife nach dem Set, das ich mir vorher schon zur Seite gelegt habe.
„Hm… das ist natürlich schade…“, murmelt sie, dann wirkt sie plötzlich nachdenklich.
„Aber vielleicht… hm, vielleicht habe ich da eine Idee.“
Sie hebt den Kopf, ihre Augen funkeln neugierig.
„Ich forsche aktuell an einer neuen Erziehungsmethode für den Psychologenkongress. Leider darf ich sie nicht an meinen eigentlichen Patient*innen testen, weil sie alle minderjährig sind – und laut Vorgabe der Kongressjury brauche ich dafür eine volljährige Person.“
„Da würdest du ins Spiel kommen.“
Sie lächelt leicht.
„Wenn du mir als Testperson zur Verfügung stehst, bekommst du all das hier als... nennen wir es Aufwandsentschädigung.
Na, was sagst du? Bist du dabei?“
Nimmt Liam das Angebot an?
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