er ist unschlüssig.

“Aber dann wüsste ich nicht mehr, was ihr für mich getan habt und das wäre schade!”

Es war zum Verzweifeln, Vicky war ein Paradebeispiel für das Dilemma jedes Druiden: Entweder man agierte im Verborgenen, ohne Anerkennung für die eigene erfolgreichen Arbeit ernten zu können oder man prahlte, wurde belohnt und landet über kurz oder lang im Gefängnis oder gar am Scheiterhaufen der Inquisition.
Seine Gedanken rasten auf der Suche nach einer Lösung, bis er ihr seine Obsidianklinge gab und von ihr eine Haarsträhne verlangte.

Sie kam seiner Bitte umgehen nach und gab ihm eine Strähne.

“Du weißt, was ich damit machen werde?”
Sie nickte wiederum, was ihn doch erstaunte.

[Mit Körperteilen und Flüssigkeiten war ein kompetenter Zauberer in der Lage, den Besitzer relativ problemlos zu verzaubern, ohne auch nur in der Nähe sein zu müssen. Dass diese Zauber ebenso nützlich, wie auch tödlich sein konnten, wusste auch das gemeine Volk, daher wurden beispielsweise beim Barbier alle Körperhaare der Kunden vor ihnen verbrannt.]

Der folgende Fluch, der vorgab ihre Schönheit zu bedrohen, sollte sie James verraten, war nur ein Fake. Er hätte es ethisch nicht vertreten können, sie unter seinen Fehlern leiden zu lassen, aber da sie ihm das Ganze abnahm, war es wohl die beste Lösung.

Sie hat es ihm nicht mal übelgenommern, immerhin stand auf derartige Zauberei die Todesstrafe und er musste sich ja irgendwie absichern.

Die Sonne war bereits untergegangen und sie machten sich auf den Weg zurück zum Schloss.
Nachdem ihr James nicht die Hand gab, hackte sie sich einfach bei ihm ein.

Sie sprachen kaum miteinander, aber das war auch gar nicht nötig, sie fühlten sich beide wohl und zogen den Weg in die Länge. Erst an der Eiche trennten sie sich, Phex stand in voller Pracht am Himmel [Vollmond]. Vicky versuchte, ihn vorsichtig zu küssen, doch er wich zur Seite und es blieb bei einer Umarmung, gegen die er nichts einzuwenden hatte.

“Wir sehen uns dann am Parkett.”

“Ich werd dich dort erwarten”.

Die drei letzten Stunden haben bei V&J einiges durcheinandergebracht. Sie hatten blöde Fehler gemacht, doch mit dem Ergebnis waren beide zufrieden.
Und ohne diese Fehler gäbe es wohl diese ganze Geschichte nicht.

James war nicht besonders begabt, aber ein sehr gelehriger Schüler. Beide hatten immer mehr Spaß, nicht nur am Tanzen, auch ihre Konversation wurde immer entspannter und vertrauter. Vicky hatte eigentlich erwartet, dass er in dieser Nacht etwas mehr von ihr fordern würde und sie wäre auch gerne dazu bereit gewesen, ihm zumindest ein bisschen Freude zu bereiten, aber er unternahm keine Schritte in diese Richtung. Sie konnten auch beobachten, dass sich Lisa und Helena mit dem Grafen von Strotzingen amüsierten und mit ihm gemeinsam auf sein Zimmer verschwanden.

Vicky hatte Gefallen an James gefunden und als die Musiker dann ihre Nachtruhe antraten, bot sie sich ihm für diese Nacht an. Er lehnte dankend ab, wobei sich seine schüchterne Seite kurz zeigte. Aber sie wäre nicht Vicky gewesen, wenn sie ihm nicht zumindest einen Gute-Nacht-Kuss hätte abringen können.

Dieser Kuss machte Lust auf mehr, sodass in dieser Nacht beide mit ihren Gedanken beim anderen waren.

Vicky war verblüfft, dass sie James anfangs so falsch eingeschätzt hatte. Gut, er hatte immer noch eine schüchterne Seite, aber er hatte ihr auch gezeigt, dass er auch anders auftreten konnte und ganz genau wusste, was er wollte. Er hatte sie Madame genannt und wie eine Prinzessin behandelt, obwohl ihr das nicht zustand. Er war Gentleman durch und durch, auch wenn er nicht als Edelmann geboren wurde. James hätte aber auch jede andere Frau vor dem Baron beschützt, davon ging sie mittlerweile aus, er war nich umsonst ein Held des Reiches.
Auch wenn er es versteckte, war er an ihr interessiert.
Obwohl er ihre Angebote ablehnte und sich vorher von Lisa hatte verwöhnen lassen, war er nun ihre beste Option und darum würde sie um ihn kämpfen.