Zurück im Rampenlicht

Lächelnd sah sie ihm in die Augen und feierte. Sie kostete den Moment aus, ihn hier und jetzt so sprachlos zu sehen. Von der Situation scheinbar komplett überfordert, wirkte dieser stattliche Mann vor ihr jetzt fast schon hilflos wie ein kleines Kind. Als wären sie schon ewig miteinander vertraut, ließ sie ihre Hand wie selbstverständlich seinen Arm hinab streifen, während sie sich von ihm wegdrehte. Langsam, ihren Gang betonend, ging sie zwinkernd an Tom vorbei zum Tresen. Auch ohne es zu sehen war ihr klar, dass sie die volle Aufmerksamkeit der beiden hatte, als sie sich langsam bückte, um den Hocker unter der Bar hervorzuholen. Länger als eigentlich notwendig präsentierte sie ihnen dabei ihre Rückseite mit dem etwas nach oben gerutschten Rock.

Wild entschlossen, jetzt endlich ihren Spaß zu haben, kletterte sie mithilfe des Hockers auf den Tresen. Auch wenn nur wenige bis jetzt von ihrer Aktion Notiz genommen hatten, begann sie sich im Takt zu bewegen. Mit einer eleganten Drehung landete sie an einer der beiden Stützen der Überdachung. Es störte sie nicht, dass der kantige Pfosten eine Polestange nicht ersetzen konnte. Als Go-Go hatte sie eh nur gelegentlich in Diskotheken daran getanzt. Meist musste es ohne gehen.

Dafür war alles andere jetzt wieder wie früher. Sofort war das Gefühl von damals aus ihren Erinnerungen wieder da. Die langsame Nummer, welche gerade lief, war wie dafür gemacht, um mit lasziven Bewegungen und dem Rücken am Balken in die Hocke zu gehen. Sie sah bei einem Blick durch die Reihen der Gäste von der Bar, dass ihre kleine Einlage ihre Wirkung nicht verfehlte. Von geifernden Blicken der Kerle bis zu eindeutigen Handbewegungen war alles dabei. Sie genoss den Moment und die Aufmerksamkeit, die sie so lange vermisst hatte. Das Gefühl, im Mittelpunkt des Rampenlichts zu stehen und die Gewissheit, es immer noch drauf zu haben.

Langsam mit dem Rücken ein Hohlkreuz am Balken formend, richtete sich wieder auf. Aufreizend ließ sie dabei ihre Hände über ihren Oberkörper gleiten, als wollte sie ihre eigene Weiblichkeit erforschen. Sie wusste, dass der Song, den sie so sehr mochte, gleich zu Ende sein würde und der Spaß vorbei wäre. Während einer Drehung zurück in die Mitte des Tresens zog sie sich den Haargummi herunter und ließ ihre Haare mit einem Kopfschwung fliegen. Mitten auf dem Tresen stehend, fuhr sie sich mit den Händen über dem Kopf durch die Haare und wiegte sich im Takt. Es war ihr dabei egal, dass die Typen von ihr natürlich nicht das zu sehen bekommen würden, was sie sich als Nächstes erhofften und ihr bereits zuriefen. Dies war bisher immer ein Tabu gewesen und würde es auch bleiben.

Als wäre sie aus einem Traum erwacht und zurück in der Realität, sah sie plötzlich Ginas entgeisterten Blick. Sie stand direkt vor dem Tresen und starrte sie an. Grinsend winkte sie Gina mit dem Zeigefinger noch näher zu sich heran und ging sich langsam windend wieder in die Hocke. Auf allen vieren kroch sie über den Tresen auf sie zu. Sie konnte einfach nicht widerstehen, bei ihrer Einlage jetzt noch einen draufzusetzen. Lächelnd fuhr sie ihr zärtlich mit zwei Fingern unters Kinn und setzte zum Kuss an. Als wären sie beide allein, gaben sie sich dem Spiel ihrer Zungen hin. Es überraschte sie dabei, wie gut es sich jetzt anfühlte, was sie bisher für sich eigentlich ausgeschlossen hatte. Wie frisch verliebte sahen sich beide in die Augen, als der Song vorüber war und sie sich unter Applaus voneinander lösten.

Auf der anderen Seite des Tresens sah sie die beiden Zapfer. Tom, der von einem Ohr zum anderen strahlte, schien ihre Show wie alle anderen Typen hier sichtlich genossen zu haben. Nur Hakan musterte sie mit abfälligen Blicken. Sie zwinkerte ihn noch einmal provozierend an, bevor sie sich von Tom vom Tisch helfen ließ. Ganz dicht stand sie bei ihm und sah zu ihm auf. Sie spürte seine Hände auf ihren Hüften, die nicht nur da lagen und sie hielten, sondern sich immer wieder auch bewegten.

"Und, hat Dir gefallen, was Du gesehen hast?" hauchte sie ihm zärtlich ins Ohr.