"Soll ich Dir mal zeigen, ...?"

Innerlich aufgewühlt über das überraschende Erlebnis mit der Kommissarin war sie wieder an die Arbeit gegangen. Sie hatte keine Zeit gehabt, sich mit all den Gedanken und Fragen, die sie beschäftigt hatten, auseinanderzusetzen. Der Stress bei der Arbeit und insbesondere auch Tom, welcher immer wieder ihre Nähe suchte und mit ihr flirtete, hatten ihr geholfen, dies alles zu verdrängen und zu vergessen.

In dem brechend vollen Laden war sie die letzten Stunden eh kaum zum Luft holen gekommen. Wie im Akkord bediente sie hinter dem Tresen oder stürzte sich in das Gewühl vor der Bar. Auch die alkoholbedingt gesunkene Hemmschwelle einzelner und deren Avancen verwunderte sie nicht mehr. Gerade die Arbeit vor dem Tresen inmitten des scheinbar außer Kontrolle geratenen Partyvolks war eine Herausforderung. Auch wenn sie einerseits die Aufmerksamkeit der Männer genoss, widerten sie andererseits die teils plumpen Anmachen einfach nur an.

Hatte sie es damals als Go-Go-Tänzerin so sehr geliebt, auf der Bühne im Mittelpunkt zu stehen, so war das hier ohne Distanz anders. In diesem Wechselbad der Gefühle hatte sie die unzähligen Arme nicht mitgezählt, welche sich unter zotigen Sprüchen immer wieder wie selbstverständlich um sie legten, während sie sich durch das Gedränge kämpfte. Als wär sie ein Stück Freiwild, schien gefühlt jeder hier zu glauben, sie einfach angraben zu können.

Jetzt, weit nach Mitternacht, spürte sie, wie die Müdigkeit sie langsam überkam. Wie am Abend davor forderte die Plackerei zwischen Bedienen und Abräumen jetzt erneut ihren Tribut. Auf die nächste Bestellung wartend, tänzelte sie leicht zum Takt der Musik und ließ ihren Blick durch die Reihen vor der Bar schweifen. Ein warmer Schauer durchfuhr sie, als sich Toms Hände von hinten auf ihre Hüften legten. Ganz nah war ein an sie herangetreten und stieg mit ein. Unter Hakans nächsten herablassenden Kommentar wogen sie sich im Takt der Musik. Sie konnte über sein schräges Weltbild mittlerweile nur noch müde lächeln. Wie auch jetzt hatte sie im Laufe des Abends immer mehr Gefallen daran gefunden, ihn für seine Kommentare hochzunehmen und noch mehr anzustacheln.

"Genau, alle Frauen sind Schlampen! Außer Mutti!" konterte sie seinen dummen Spruch und legte sanft ihren Kopf zurück auf Toms Brust. Provozierend ließ sie dabei ihre Zungenspitze über ihre Lippen gleiten. Sie feierte sich dafür und genoss den Anblick des innerlich kochenden Türken. Obwohl seine immer wiederkehrenden Sprüche über die Verfehlungen insbesondere deutscher Frauen sie eigentlich ankotzten, amüsierte er sie jetzt.

Sie wusste nicht, welcher Hafer sie stach, als sie sich von Tom löste und langsam tänzelnd auf Hakan zuging. Ganz dicht blieb sie vor ihm stehen und streckte sich, um ihm ins Ohr zu flüstern.

"Soll ich Dir mal zeigen, was für eine Bitch ich bin?"