Sonntagmorgen

Am nächsten Morgen ging es mir nicht so schlecht, wie ich es wegen des Alkohols erwartet hätte. Ich machte mich fertig und ging in die Küche zum Frühstücken. Hans saß auch da, er hatte mal wieder die Nachtschicht geschoben. Ich unterhielt mich ein wenig mit ihm, was es denn so neues gäbe. Nachts passiert ja nicht wirklich was, aber ich erfuhr beiläufig, dass Claudia und Tom erst um vier Uhr zurückgekommen seien. "Waren wohl noch auf Party", meinte ich uninteressiert klingend, obwohl das Gegenteil der Fall war. Ich musste dran denken, den beiden aus dem Weg zu gehen.

Glücklicherweise würden die nach so einer langen Nacht bestimmt nicht früh aufstehen. Wahrscheinlich haben sie deswegen den ungewöhnlich späten Check-out-Termin gewählt. Daher brauchte ich mir also vorerst mal keine Sorgen zu machen.

Als mich der Kaffee so langsam auf Touren brachte, ging ich vor zur Rezeption, wo meine Mutter gerade ein paar Gäste verabschiedete.

"Guten Morgen Anna. Na, gut geschlafen?"

"Ja doch, eigentlich schon. Hier ist alles in Ordnung?"

"Natürlich Liebes, aber kannst Du gleich ein wenig beim Frühstücksbüffet helfen?"

"Klar doch, kein Problem." Damit hatte ich sowieso gerechnet.

"Du hast übrigens Post." meinte meine Mutter.

"Ich? Am Sonntag?" wunderte ich mich.

"Ist von dieser Claudia, die Freitag gekommen ist, eine sehr nette Person übrigens, ich habe mich gestern noch lange mit Ihr unterhalten. Ihr Mann ist zwar etwas ruhig, aber das muss ja kein Nachteil sein, stimmts? Kann es sein, dass er viel jünger ist als sie? Aber naja, das muss ja auch kein Nachteil sein...", sie grinste irgendwie schelmisch in sich hinein.

"Worüber habt Ihr Euch denn unterhalten?" Irgendwie hatte ich ein mulmiges Gefühl, obwohl meine Mutter ja ganz normal reagierte. Wenn Claudia irgendetwas angedeutet hätte, wäre dieses Gespräch sicherlich ganz anders verlaufen.