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Chapter 22 by Daemony Daemony

Lässt sie den Trucker in seinem Glauben?

Sie verrät Jan nicht, wer sie ist

Die Gedanken in Jasmins Kopf rasten. Eigentlich fühlte sie sich durch die Annahme des Fernfahrers, dass sie eine Nutte sei, beleidigt und provoziert. Aber seine Schlussfolgerung war ja nicht abwegig, so wie sie vor ihm stand, nackt und zerschunden, in einem kalten Waschraum inmitten eines gottverlassenen Gewerbegebiets.

Nein, korrigierte sie sich. Nicht gottverlassen. Hatte sie doch gerade hier Menschen kennengelernt, die ihr selbstlos halfen, ohne zu wissen, wer sie war. Einfach nur, weil sie aussah, als ob sie Hilfe bräuchte. War nicht gerade das gelebte Nächstenliebe? Da war diese Prostituierte in der Gasse, die ihr aufgeholfen hatte. Auch der Wirt, Ralf nannte er sich wohl, schien ganz nett zu sein. Und auch dieser Trucker hier, der sie zwar schamlos und lüstern grinsend musterte, aber keine Anstalten machte, die Situation darüber hinaus auszunutzen, war ein Hoffnungsstrahl in dunkler Nacht.

Wer war sie denn, wenn sie sich über diese Leute erheben wollte, indem sie ihren Stand hervorkehrte? Hatte es nicht Jesus vorgelebt, indem er sich mit den Geringsten gleichsetzte?

Sie zuckte also mit den Schultern und zog einen Mundwinkel nach oben. "Tut nichts zur Sache. Es geht schon wieder. Aber danke fürs Nachfragen." Eine offene Lüge wollte sie nicht aussprechen, aber es wäre in Ordnung, nicht sofort alles über sich preiszugeben, nahm sie an.

Sein Grinsen änderte sich zu einem leicht verlegenen Lächeln. Eine gewaltige Pranke ausstreckend stellte er sich vor. "Ich bin übrigens Jan."

"Jasmin." Sie schlug ein. "Ich freue mich, dich kennenzulernen. Könntest du vielleicht vorne im Café fragen, ob die irgendwas zum Anziehen für mich haben, einen alten Pulli und eine Jogginghose oder so? Meine Sachen sind hin." Sie deutete auf den kleinen Stapel verdreckter und zerrissener Klamotten.

"Ähm, geht auch das?" Jan zauberte ein frisches T-Shirt hervor und hielt es ihr hin. Jasmin nahm es reflexhaft entgegen, betrachtete es aber zweifelnd. Es war eindeutig zu groß. Er missinterpretierte ihr Zögern.

"Ach so", schoss er nach, "du willst dich sicher erst abtrocknen." Er drängte ihr sein Handtuch geradezu auf und wies mit dem Daumen auf einen Haken an der Wand. "Häng's nachher einfach da hin. Und jetzt sorry. Ich muss wirklich dringend duschen."

Jasmin drehte sich um und rubbelte sich trocken. Hinter ihrem Rücken hörte sie, wie Jan sich auszog, in die Dusche tapste und die Brause andrehte. Die Situation kam ihr surreal und gleichzeitig einfach und natürlich vor. Zwei Menschen, die nicht mehr als die Vornamen voneinander kannten, standen nackt im selben Raum - und es war nichts weiter dabei, kein Grund für Scham oder sonst welche negativen Gefühle. Sie hörte in sich hinein. Vielleicht war das eine Prüfung ihres Glaubens, aus der sie gestärkt hervorgehen könnte.

Sie streifte das geschenkte Shirt über. Wie erwartet war es zu lang und zu breit, was aber auch seinen Vorteil hatte. Mit etwas gutem Willen könnte man es als Minikleid interpretieren. Der Halsausschnitt war so weit, dass er immer wieder über eine ihrer nackten Schultern nach unten rutschte. Das schien ihr nun doch etwas zu kokett und sie bemühte sich, gerade und aufrecht zu stehen. Zuletzt zog sie ihre Schuhe wieder an, um nicht barfuß über den klebrigen Boden gehen zu müssen.

Sie warf einen Blick zur Dusche. Das Wasser rauschte und man hörte Jan fröhlich, aber schräg pfeifen. Danken würde sie ihm später. Im Moment wollte sie lieber nicht abwarten, bis er hinter dem Vorhang hervorkäme.

Vorne im Café zog sie in ihrem neuen Outfit wieder fast alle Blicke und auch ein oder zwei aufreizende Pfiffe auf sich, die sie aber zu ignorieren versuchte. Sie steuerte einen Sitzplatz auf einer Bank in der Ecke an. Ohne auf ein Zeichen von ihr zu warten, schenkte der Wirt eine Tasse Kaffee ein und kam zu ihr herüber.

"Geht's wieder?", fragte er knapp.

"Einigermaßen." Sie nickte dankbar und schlürfe an dem bitteren Getränk.

"Soll ich die Polizei rufen?"

Erschrocken sah sie auf und hob abwehrend eine Hand. "Nein, danke. Das ist wirklich nicht nötig. Ich hatte nur ... eine Panne. Aber es ist schon jemand unterwegs, der sich drum kümmert. Trotzdem vielen Dank, Herr ...?"

"Ralf. Einfach Ralf genügt." Er zog eine Augenbraue hoch, als durchschaue er, dass sie ihm die Wahrheit oder zumindest einen Teil davon vorenthielt. Doch er bohrte nicht weiter nach, wofür ihm Jasmin sehr dankbar war. "Wenn Sie sonst noch was brauchen, einfach Bescheid sagen. Okay?"

"Ich heiße übrigens Jasmin", stellte sie sich vor. "Aber ich habe kein Geld bei mir." Sie klopfte entschuldigend an ihre Seiten.

Er schüttelte beschwichtigend den Kopf. "Kein Ding. Der Kaffee geht aufs Haus. Und alles andere kannst du später bezahlen, wenn du das nächste mal in der Gegend bist."

"Ach so", ihr fiel doch etwas ein, worum sie bitten könnte, "im Waschraum liegen meine kaputten Sachen. Die können entsorgt werden. Ich will da jetzt nur nicht reingehen, weil Jan duscht."

Ralf nickte verstehend. "Geht klar. - Der Jan ist übrigens ein ganz netter Junge. Sag ich nur, falls du dich für sein Hemd noch irgendwie erkenntlich zeigen willst." Er zwinkerte ihr vielsagend zu und drehte sich dann um, weil ein anderer Gast gerufen hatte.

Jasmin blieb verwirrt zurück. Was sollte das denn bedeuten?

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