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Chapter 5
What's next?
Rapunzel Z.03
Nastur fand eine Handvoll Kerzen in einer Schublade und in deren schwachen Schein sah er sich etwas gründlicher in dem großen Turmgemach um. In der Mitte des Zimmers stand der Tisch mit den zwei Stühlen, an dem sie gegessen hatten. Ein bequem aussehender Polstersessel mit hohem Rücken war so an die Wand geschoben, dass man aus dem Fenster sehen konnte, wenn man darin saß. Eine bestickte Tagesdecke schützte das einfache Bett, das auf der anderen Seite des Raumes stand. Daneben war ein breiter, mit Blumenmuster bemalter Kleiderschrank platziert. Vor dem Bett war ein hochfloriger Teppich auf dem ansonsten offen liegenden Boden aus dicken Holzdielen ausgebreitet.
Aus dem Nebenraum drangen die Geräusche Urticas, die Feuer gemacht hatte und Wasser für die Wanne erwärmte. Ohne dass er es beabsichtigt hätte, schob sich dadurch das Bild seiner fast nackten Schwester vor sein inneres Auge, wie sie sich für das Bad vorbereitete. Zwar hatte er ihren Schambereich nicht mehr gesehen, seit sie an der Schwelle zum Erwachsensein gestanden waren. Doch hatte er als junger Mann und Prinz durchaus schon seine Erfahrungen mit verschiedenen, durchwegs willigen, jungen Frauen gemacht und kannte die naturgemäßen Details des anderen Geschlechts. Unwillkürlich versuchte er sich vorzustellen, wie seine Schwester völlig unbekleidet aussehen würde.
Erschrocken verscheuchte er die Phantasiebilder, als er bemerkte, wie sie begannen, ihn zu erregen. Um sich abzulenken, machte er sich geschäftig daran, den Raum für die Nacht vorzubereiten. Die Einrichtung zeigte die Spuren jahrelanger Vernachlässigung und er schüttelte den Staub von Tagesdecke und Teppich aus dem Fenster. Er sammelte die verstreuten Sachen und Kleidungsstücke seiner Schwester ein und legte sie über einen Stuhl. Die übrig gebliebenen Vorräte verstaute er wieder in den Rucksäcken, die er unter den Tisch schob. Dann gab es beim besten Willen nicht mehr viel zu tun. Das Geschirr abzuräumen und in die Küche zu bringen, wollte er vermeiden, so lange seine Schwester dort badete.
Stattdessen trat er wieder ans Fenster und sah hinaus in die Nacht. Der Mond war zu einer schmalen Sichel geschmolzen und verbarg sich immer wieder hinter vorbeiziehenden Wolkenschleiern. Außer der direkt unter ihm liegenden Lichtung und dem dunklen Dach des dahinter wachsenden Waldes konnte Nastur kaum etwas erkennen. Für einen Augenblick vermeinte er, einen großen schwarzen Vogel zu sehen, der über den Wipfeln heransegelte und sich auf einem der Bäume niederließ. Dann war der fliegende Schatten verschwunden.
Er versuchte sich vorzustellen, wie sich seine Mutter gefühlt haben musste, wenn sie abends hier alleine gestanden war. Doch wollte es ihm nicht gelingen, sich in die Gefühle eines jungen Mädchens zu versetzen, das seit seinem zwölften Lebensjahr von der Frau, die es für seine Mutter hielt, eingesperrt war. War es Einsamkeit, Langeweile, gar Verzweiflung?
Was konnte einen Menschen dazu bewegen, einem Kind Derartiges anzutun? Wut stieg in ihm hoch. Die Hexe hätte dafür bezahlen sollen. Doch soweit er sich an die Erzählungen erinnerte, war sie ohne Strafe davongekommen. Nachdem sie Rapunzel verstoßen und seinen Vater dazu gebracht hatte, sich vom Turm zu stürzen, wurde sie im Märchen mit keiner Silbe mehr erwähnt. Was wohl aus der Zauberin geworden war?
Nun, das war lange her. Das Märchen war letztendlich gut ausgegangen und nachträglich konnte er an der Geschichte ohnehin nichts mehr ändern. Er lebte im hier und jetzt und musste die Probleme angehen, die sich ihm in der Gegenwart stellten.
Urticas Begründung, weshalb sie unbedingt vor ihrem einundzwanzigsten Geburtstag hatte hierherkommen wollen, ging ihm durch den Kopf. Sie hatte Recht, vermutlich würde sie in Kürze heiraten und fortziehen, eigene **** bekommen. Mit dieser Idee konnte er sich noch nicht ganz abfinden. Ihr ganzes bisheriges Leben lang waren die Zwillinge zusammen gewesen und hatten alles geteilt. Er fühlte sich nicht bereit dafür, dass sie ihn verlassen würde. Wer sollte dann auf sie aufpassen?
Andererseits sah er ein, dass er sie nicht auf ewig beschützen konnte. Zumindest nicht, ohne ihre Freiheit einzuschränken. Selbst ein solch abgeschiedener und geschützter Ort wie dieser Turm bot keine absolute Sicherheit für eine junge Frau, wie ihre Mutter und ihr Vater bewiesen hatten.
Aber konnte er es wirklich verantworten, sie unvorbereitet in eine Ehe mit einem unbekannten Mann gehen zu lassen? Er war sich sicher, dass sie als Prinzessin nicht die Gelegenheit bekommen hatte, sich, so wie er es getan hatte, die sprichwörtlichen Hörner abzustoßen. Ob sie sich mit Mutter, ihrer alten Amme oder anderen Frauen über die sogenannten ehelichen Pflichten hatte austauschen können? Er bezweifelte es.
Bei aller Wildheit und Unternehmungslust, die seine Schwester an den Tag legte, war sie in seinen Augen doch noch ein unschuldiges Mädchen, das nicht wusste, was auf sie zukam. Seine Unruhe wuchs. Wie könnte er ihr helfen, sich auf die Ehe vorzubereiten? Und wann?
Urtica hatte es ausgesprochen: jetzt oder nie. Diese Nacht war die letzte Gelegenheit, in der sie noch nicht den Fesseln, die ihre Zukunft für sie bereithielt, unterlagen.
Plätschern zeigte an, dass Urtica mittlerweile in die Wanne gestiegen war. Nastur ließ sich in den weichen Sessel sinken und begann zu grübeln. Unbedarft und wehrlos verließ sie sich darauf, dass er hier wachte, um alle drohenden Gefahren abzuwehren. Wie könnte er sie nur jemals allein lassen?
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Schlimm's Märchen
Klassische Märchen, sexy neu erzählt
Die Märchen halten sich eng an die Original Texte, driften aber in Sex und Erotik ab.
Updated on Dec 8, 2023
Created on Apr 13, 2023
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