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Chapter 6

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Rapunzel Z.04

Das Feuer, das sie im Herd entfacht hatte, um das Wasser zu heizen, verbreitete eine angenehme Wärme in dem kleinen Bad. Urtica saß in der dampfenden Wanne und entspannte sich. Ihren Zopf hatte sie gelöst und die langen Haare umschwammen sie wie ein Teppich aus goldenem Seegras. Seufzend ließ sie die Anstrengung des langen Tagesmarsches hinter sich und erlaubte ihren Gedanken zu wandern.

Ihr kleiner Bruder -- immerhin war sie die Erstgeborene -- war so ungeschickt und meistens geradezu ängstlich, dass sie sich kaum vorstellen konnte, wie er es ohne ihre Führung und Unterstützung schaffen sollte, König zu sein. Zwar war ihr bewusst, dass sie weder ein Recht auf die Thronfolge, noch eine Verpflichtung dem Land gegenüber hatte, doch ihr war keineswegs gleichgültig, was aus dem Königreich würde. Die Tradition sagte, dass sie einen ausländischen König oder Fürsten heiraten und diesem viele **** gebären würde. Und traditionsgemäß würde sie jungfräulich in diese Ehe gehen.

Andererseits hatte sie schon mehr als eine Tradition gebrochen. Ihr Vater hatte es ihr nie abschlagen können, wenn sie verlangte, wie ihr Bruder reiten und kämpfen zu lernen. Und weil sie es nicht akzeptieren wollte, dass er für seine Leistungen in diesen Fertigkeiten gelobt wurde, während man ihr dabei immer nur Kopfschütteln entgegenbrachte, trainierte sie verbissener und härter als er, und war ihm bald in jeder Hinsicht überlegen. Sie trug, wenn es praktische Gründe dafür gab, Männerkleidung, egal wie sehr man hinter ihrem Rücken darüber tuschelte. Und nie hatte sie sich damit abgefunden, dass eine Frau Männern gegenüber zurückhaltend und unterwürfig auftreten sollte.

Sie ging mit Gewissheit davon aus, dass ihre Eltern sie nicht in eine ungewollte Ehe zwingen würden. Dafür waren sie viel zu aufgeschlossen und liberal. So hatte sie zumindest Hoffnung, einen Gatten zu finden, der ihre Freiheiten und Wünsche akzeptierte. Aber dann? Sie würde ihren Bruder zurücklassen müssen. Oder gab es eine Alternative?

Es gab in der Geschichte schon einige Beispiele, dass unverheiratete weibliche Verwandte bei Hofe lebten und andere Aufgaben übernahmen, als Heiratsbündnisse zu besiegeln und den Fortbestand von Dynastien zu sichern. Allerdings würde ein solcher Weg sie zu einem Leben als alte Jungfer verdammen. Diese Option wollte ihr nicht besonders erstrebenswert erscheinen. Es würde bedeuten, dass sie darauf verzichten würde, einen Mann zu nehmen. Zwar hatte sie keine eigene Erfahrung in solchen Dingen, aber die Tatsache, dass die allermeisten Frauen danach strebten, und die Beobachtung, dass die meisten verheirateten Frauen durchaus zufrieden und eher glücklich wirkten, sagten ihr, dass sie nicht leichtfertig auf diese Chance, ihr Glück zu finden, verzichten sollte.

Noch enthielt ihre Vorstellung einer Hochzeitsnacht einige Fragezeichen, auch wenn sie in ihrem Leben schon ausreichend Hengste, Bullen und Rüden bei Erfüllung ihrer Aufgabe beobachtet hatte. Jedoch folgerte sie aus dem Getuschel der Hofdamen und Zofen, wenn wieder einmal eine von ihnen geheiratet hatte, dass in einem Ehebett noch mehr passierte, als sie sich bisher ausmalen konnte. Alleine ihre angeborene Neugier wäre Motivation genug, dieses Geheimnis zu ergründen. Zudem tat sie sich schwer damit, hinter ihrem Bruder zurückzustehen, oder auf etwas zu verzichten, was ihm erlaubt wurde.

Dieser Gedankengang führte sie zu einem neuen Problem. Auch wenn sie auf Dauer bei ihrem Bruder blieb, würde der sich irgendwann eine Königin suchen, um einen Thronfolger zu zeugen. Und dann müsste sie sich die Kontrolle über ihn mit seiner Frau teilen - wenn diese eine solche Übereinkunft überhaupt zulassen würde. Nun, Urtica selbst würde nie gestatten, dass eine dritte Person maßgeblichen Einfluss auf ihren Mann hätte, wenn sie die Königin wäre.

Wie konnte sie das Dilemma lösen, bei ihrem Bruder zu bleiben, um ihn zu unterstützen und anzuleiten, ihn nicht an eine andere Frau zu verlieren und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Familienlinie nicht ausstürbe? Eine naheliegende Lösung, die ihr spontan in den Sinn kam, verwarf sie sofort wieder, das wäre einfach unmöglich.

Ihre Überlegungen hatten sie derart aufgeregt, dass sie es nicht mehr aushielt, ruhig sitzen zu bleiben. Also stieg sie aus der Wanne, wusch im heißen Wasser noch ihr verschwitztes Höschen, das sie nach dem Ausziehen achtlos auf den Boden geworfen hatte, und hing es an eine Leine, die quer durch den Raum gespannt war. Dann wickelte sie sich in das große Leinentuch, mit dem sie sich abgetrocknet hatte, und tapste ins Wohnzimmer.

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