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Chapter 3
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Ans Lagerfeuer
Obwohl mir meine erfahrenen Knechte eindringlich davon abrieten, wanderte ich immer wieder in die Gegend, in der das fahrende Volk seine bunten Wohnwagen in einem lockeren Kreis aufgestellt hatten, wodurch eine Art kleines bewegliches Dorf entstanden war. Die Menschen gingen dort ihren alltäglichen Arbeiten nach, **** rannten herum und spielten, unzählige Tiere, angefangen bei Hühnern, über Hunde und Katzen, bis hin zu Pferden und Großvieh ergänzten die lebendige und lebensfrohe Gemeinschaft.
Oft beschaute ich die Leute und ihr Treiben aus der Entfernung. Ihre Lebensweise war der meinen so fremd, dass ich manches, was sie taten nicht verstand. Dies wiederum verstärkte meine Neugier, so dass ich mich schrittweise immer näher an den Lagerplatz herantraute, um noch mehr Einzelheiten zu erkennen. Mich zu ihnen zu gesellen oder sie gar anzusprechen, soweit ging mein Mut dann aber doch nicht und ich beschränkte mich auf die Rolle der unbeteiligten Beobachterin.
Dabei konnte ich nicht verhindern, eine gewisse Traurigkeit und Sehnsucht zu entwickeln. Diese Fremden, die scheinbar mittellos und am unteren Ende der Gesellschaft lebten, besaßen etwas, das mir verwehrt war. Nämlich die Freiheit, zu bleiben und zu gehen, wann und wo sie wollten. Ich hingegen war an das Land und das Haus, das mir meine Eltern hinterlassen hatten, gebunden. Zunehmend empfand ich meinen Stand und meinen Besitz als verschlossenen Käfig. Die einzige Art zu reisen, die mir möglich und gestattet war, war meine Fantasie. Meine Vorstellungskraft entführte mich nicht nur in exotische Länder, sondern anhand meiner bevorzugten Lektüre auch an Orte, die nie ein Mensch zuvor gesehen hatte und vermutlich auch nie jemand sehen würde.
An einem lauen Sommerabend, an dem ich wieder einmal unter den Bäumen nahe des Zigeunerlagers stand und ihnen nahezu neidisch zuschaute, wie sie sich um ihre offenen Feuerstellen versammelten, miteinander scherzten, lachten und tanzten, sprach mich unvermittelt eine leise und dennoch eindringliche Stimme von hinten an.
Ich erschrak zu Tode. Mein Herz klopfte so stark, als wolle es mir aus der Brust springen. Auf der Stelle wandte ich mich um, damit ich den unsichtbaren Sprecher entdecken könnte. Aus dem Schatten trat ein Mann in der typischen Aufmachung des fahrenden Volks in mein Blickfeld. Er musste uralt sein, wie ich anhand der tiefen Furchen, die sein lederfarbenes Gesicht durchzogen, mutmaßte. Seine aufrechte Haltung und vor allem seine Augen aber strahlten eine Vitalität und Weisheit aus, die Ehrfurcht in mir weckte.
„Frau Cornelia, warum bleibt ihr abseits unserer Lagerfeuer und gesellt euch nicht zu uns?“, fragte er mit einem freundlichen, beinahe väterlichen Tonfall. Zunächst verschlug es mir die Sprache. Ich rang um eine Antwort und widerstand meinem ersten Impuls, ängstlich zu fliehen. Mit Nachdruck musste ich mich daran erinnern, dass ich die Besitzerin des Grundes war, auf dem wir standen. Niemand sollte mich vertreiben können.
„Ähm, ich bin nur auf einem Abendspaziergang und zufällig hier vorbeigekommen“, stammelte ich eine Notlüge, „es ist schon spät und ich mache mich wohl lieber auf den Heimweg.“
Ein wissendes Lächeln umspielte seine Lippen. Es war offensichtlich, dass er mir nicht glaubte, doch unterließ er es, mich darauf anzusprechen. Anstelle einer Erwiderung bot er mir nur eine Hand an. Zaghaft ergriff ich sie. Als sich unsere Finger umeinander schlossen, fiel aller Zweifel und alle Unsicherheit wie ein alter Mantel von mir ab. Ich reckte die Schultern und richtete mich hoch auf. Ich fühlte mich, als könne ich seit Jahren zum ersten Mal wieder frei atmen. Mutig, neugierig und freudig erregt ließ ich mich von dem Alten in den Schein der Feuer und in die Mitte seiner Gemeinschaft führen.
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Freiin Cornelia
Märchen, Spukgeschichten und okkulte Bücher, die mir eine Großtante hinterlassen hat
Freiin Cornelia wird mit achtzehn Jahren plötzlich und unvorbereitet Herrin über ein kleines Familiengut. Ihr Zeitvertreib beschränkt sich im Wesentlichen auf das Vergnügen, Märchen, Spukgeschichten und okkulte Bücher zu lesen, ohne das wahre Leben kennen zu lernen. So schwirrt es in ihrem Kopf von Hexen, Zauberern, weißen Rittern, Elfen und höllischen Dämonen. Andernfalls wäre es vermutlich nicht zu dieser Geschichte gekommen.
Updated on Aug 19, 2023
Created on Aug 3, 2023
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