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Chapter 2
by Reyhani
Was erwartet Silke?
Neue Aufgaben
Das Wichtigste hatte Silke in den vergangenen Wochen noch nicht gelernt: wie man in Herrn Dorns Unterricht die Augen offen behielt. Die Strategie der Schüler, immer mal wieder kurz wegzudösen, war ihr verwehrt. Dieser Scheintote kurz vor der Pensionierung sollte ihr ja das Handwerkszeug als Lehrerin vermitteln. Wer sie hier hinein gesteckt hatte, wollte sie sabotieren oder er war einfach ein Sadist.
Allerdings machte es ihr jetzt nicht mehr so viel aus wie am Anfang. Seit ihrer Begegnung mit Sandro in der vergangenen Woche war sie irgendwie gelassener und zuversichtlicher. Aber sie fragte sich, wann sie ihn endlich wiedersehen würde. Am Tag nachdem er sie zum Modell genommen hatte, war sie nicht in der Schule sondern im Seminar gewesen. Sie wäre wahrscheinlich eh zu verwirrt und müde gewesen, um vernünftig mit dem Kunstlehrer sprechen zu können. Das Wochenende hatte sie mit Schlafen und Nachdenken verbracht. Als sie am Montag Morgen die Schule betrat, waren jedoch die Zweifel vom Wochenende wie weggeblasen gewesen. Sie freute sich auf ihn. Silke war dann sehr enttäuscht, dass sie den Kunstlehrer nirgends sah, nicht im Lehrerzimmer, nicht auf dem Pausenhof.
Dasselbe Spiel am Dienstag und Mittwoch. Da fasste sie sich ein Herz und fragte eine Kollegin, von der sie wusste, dass sie auch Kunst unterrichtete. Aber die zuckte nur mit den Schultern und mutmaßte, der Steffen sei wohl mal wieder "abgetaucht". Sie sagte das so, als wüsste jeder, was das zu bedeuten habe. Jetzt war es schon wieder Donnerstag, Silke saß in Dorns Traumstunde und sie zerbrach sich den Kopf, wie sie so unauffällig wie möglich etwas über Sandros Verschwinden herausbekommen könnte.
Da sprach eine merkwürdig verzerrte Stimme von oben zu ihr: "Frau Weber, Sie möchten sofort ins Büro des Rektors kommen." Sie musste vollständig überreizt sein, dass sie schon Stimmen hörte. Doch da sich die ganze Klasse zu ihr umdrehte, war vielleicht doch was dran. Als sie den unscheinbaren Kasten an der Wand sah, reimte sie sich den Rest zusammen: Sie hatte zum ersten Mal die Rufanlage der Schule in Aktion erlebt. Zögerlich stand sie auf und machte sich unter den mitleidigen Blicken der Schüler auf den Weg. Alle schienen zu denken, sie hätte etwas ausgefressen.
Rektor Stahlmüller empfing sie mit einem falschen Lächeln. Sein Schreibtisch war genauso blank wie seine Glatze. Er war kahl, obwohl er höchstens Mitte fünfzig war und Energie und Machtbewusstsein ausstrahlte. Ein hellgrauer Anzug unterstützte ihn dabei. Er ließ Silke einen Moment stehen und musterte sie eindringlich aus seinen stahlblauen Augen. Silke hatte das Gefühl, als könne er durch ihre Kleidung hindurchgucken. War seine Titanbrille mehr als ein Designerstück?
"Frau Weber, ich habe sie grade nackt gesehen", bestätigte Stahlmüller trocken Silkes Vorahnung.
Er hatte sich wohl mehr von dieser Überrumplungstaktik erwartet. Als Silke nicht entsetzt aufkreischte, fuhr der Rektor schnell fort:
"Lassen Sie es mich erklären: Sie haben doch sicher von den Einbrechern gehört. Nun, gestern Nacht haben sie wieder zugeschlagen. Es waren zwei Schüler. Dieses Mal hatten sie es auf die Farbspraydosen im Kunstraum abgesehen. Zum Glück wurden sie beobachtet und jemand hat die Polizei verständigt. Die hat die Einbrecher geschnappt, nachdem sie die Schule wieder verlassen hatten und grade dabei waren die Wände unserer Sporthalle zu verschönern."
"Und was hat das mit mir zu tun?", fragte Silke verwirrt.
"Das werden Sie gleich verstehen. Ich habe heute morgen von der ganzen Sache erfahren, als die Polizei hier war, um die Diebesbeute zurückzubringen. Wie gesagt eine Einkaufstasche voller Spraydosen. Die Beamtin hat mir auch erzählt, dass es Herr Steffen war, der sie verständigt hat. Deshalb bin ich sofort, als die Polizei wieder weg war, hoch in den Vierten. Ich wollte die Spraydosen zurückbringen und natürlich hat mich interessiert, was Steffen mitten in der Nacht in der Schule gemacht hat."
Silke schwante schon etwas, aber sie sagte nichts und ließ den Rektor einfach weiterreden.
"Oben war zugesperrt und niemand hat auf mein Klopfen reagiert. Da habe ich meinen Generalschlüssel benutzt, um wenigstens die Spraydosen loszuwerden. Das Atelier war ein ziemliches Durcheinander und mitten drin lag Steffen auf einer Matratze auf dem Boden und schlief. Ich hatte schon mal das Gerücht gehört, dass er, wenn er länger arbeitet, hier übernachtet. Und ich konnte sehen, dass er wirklich gearbeitet hatte. Da stand ein großes, fertiges Gemälde auf der Staffelei mitten im Raum. Es roch sogar noch nach frischer Ölfarbe. Es war ein Aktbild von Ihnen. Ganz ohne Zweifel, er hat Sie genau getroffen. Das Gesicht, den Körper. Kompliment."
Es war nicht klar, ob Stahlmüller vom Modell oder von den Fähigkeiten des Künstlers sprach. Silke überhörte die Zweideutigkeit, denn sie musste so viele neue Informationen verarbeiten. Sandro hatte sich also nirgendwo blicken lassen, weil er an einem Bild von ihr gearbeitet hatte. Das versöhnte Silke einigermaßen, denn offenbar hatte er weiter an sie gedacht. Allerdings war sie nicht glücklich, dass der Rektor dieses Bild zu Gesicht bekommen hatte. Als Sandro ihr die Skizzen von ihrer abendlichen Sitzung gezeigt hatte, war sie darauf nicht eindeutig zu erkennen gewesen.
"Sie müssen keine Sorge haben, dass sie zum Gespräch der Schule werden", interpretierte der Rektor ihre unglückliche Mine genau richtig, "Ich habe Herrn Steffen angewiesen, das Bild umgehend mit nach Hause zu nehmen. Ich weiß doch, wie klatschsüchtig und neugierig meine Kollegen und auch die Schüler sind."
Doch bevor Silke sich bedanken konnte ließ Stahlmüller den gönnerhaften Ton fallen und wurde scharf:
"Wissen Sie, es geht mich ja nichts an, was Sie außerhalb der Dienstzeit machen, auch wenn der Aufenthalt auf dem Schulgelände einige heikle versicherungstechnische Fragen aufwirft. Ich kann es jedoch nicht dulden, dass Steffen tagelang den Unterricht ausfallen lässt. Und Herr Graf berichtet mir, dass auch Sie irgendwie geistig abwesend sind."
"Aber …", wollte Silke protestieren, doch Stahlmüller schnitt ihr das Wort ab.
"Bemühen sie sich nicht, für dieses Mal will ich es noch durchgehen lassen. Ich will ja eine so talentierte Kraft wie Sie nicht verlieren. Wissen Sie, in meiner Freizeit zeichne ich auch und weiß, wie schwer es ist, ein Modell mit so einer Ausstrahlung zu finden. Steffen hat sehr von ihren Fähigkeiten geschwärmt. Sie seien ein wahres Naturtalent. Und er hat gesagt, dass er nichts dagegen hat, dass sie auch einmal mit mir arbeiten. Hätten sie dieses Wochenende Zeit?"
Silke war einerseits von dem Kompliment geschmeichelt, andererseits empört, dass Sandro sie einfach so verlieh. Das mit dem Modellstehen hatte sie viel Überwindung gekostet. Wenn sie das noch einmal machen würde, dann nur für Sandro und keinesfalls für Stahlmüller.
"Ich werde mir das überlegen", versuchte sich Silke herauszuwinden, "aber vorher muss ich unbedingt mit Herrn Steffen sprechen. Ist er jetzt oben?"
"Das werden Sie auf keinen Fall tun. Ich habe ihn für den Rest der Woche nach Hause geschickt, damit er am Montag wieder einsatzbereit ist. Er muss wieder zur Besinnung kommen und darf sich von niemandem ablenken lassen, nicht von Ihnen und nicht von der Kunst. Unter dieser Bedingung bin ich bereit, diese ganze Episode zu vergessen. Wenn das nicht funktioniert, muss ich dienstrechtliche Konsequenzen ziehen."
Stahlmüller hatte sich in Rage geredet. Dann hielt er inne und setzte ein gewinnendes Lächeln auf.
"Also, Frau Weber, wann hätten sie am Wochenende Zeit, dass wir uns mal beschnuppern können?"
Geht Silke auf den Vorschlag des Rektors ein?
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Referendarin mit besonderen Aufgaben
Vom Aktmodell zur Schuldirne
Silke ist als neue Referendarin am Sacher-Gymnasium nicht besonders glücklich. Durch einen Zufall lernt sie eine andere Seite des Schulbetriebs kennen. Bald werden ihr neue Aufgaben übertragen, die ihr einiges abverlangen.
- Tags
- Aktmodell, Schule, Gymnasium, Erpressung
Updated on Jun 13, 2025
by Reyhani
Created on May 24, 2025
by Reyhani
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