Lenas Gedanken zur Situation

Kaum haben Herr Speitz und Frau Müller ihre klare Botschaft verkündet und sich selbst ganz selbstverständlich vor die Klasse gestellt, beginnt die Atmosphäre im Raum zu kippen.

Es ist, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.

Lena lehnt sich leicht zurück und beobachtet aufmerksam.

Die Reaktionen sind verschieden — doch vor allem bei den Jungs wird es unruhig.

Max schaut weg und wirkt plötzlich sehr ernst.

Tobias, direkt neben der nun nur noch in Unterwäsche dasitzenden Chiara, wechselt zwischen einem verlegenen Grinsen und unsicherem Wegsehen.

Kevin und Dennis tuscheln leise, halten sich aber erstaunlich zurück.

Leon starrt nachdenklich auf den Tisch, die Arme verschränkt.

Selbst der sonst so schlagfertige Pascal ist still geworden.

Es ist diese Mischung aus Unsicherheit, Nervosität und einer spürbaren Spannung, die den Raum erfüllt.

Lena spürt es deutlich.

Die Blicke der Jungen wandern, manchmal verstohlen, manchmal fast herausfordernd.

Doch niemand sagt etwas Lautes. Alle scheinen abzuwarten, was als Nächstes passiert.

Und dann bemerkt Lena, dass auch in ihr selbst etwas passiert.

Es ist kein Schock mehr, kein Unverständnis.

Eher eine leise, aber wachsende Neugier.

Der Moment, in dem Chiara so selbstverständlich ihre Entscheidung getroffen hat, hat etwas ausgelöst.

Nicht unbedingt das Bedürfnis, sofort nachzuziehen — aber ein deutliches "Warum eigentlich nicht?" in ihrem Kopf.

Lena senkt den Blick und streicht gedankenverloren über das Armband an ihrem Handgelenk.

Es fühlt sich plötzlich nicht mehr nur wie ein Stück Plastik an.

Es ist jetzt ein Schlüssel. Ein Symbol.

„Bin ich bereit, das zuzulassen?

Oder wird das hier einfach passieren, ob ich es will oder nicht…?“

Lena blinzelt und sieht wieder auf.

Die Blicke der anderen, die Unruhe, das veränderte Klima im Raum — all das wirkt plötzlich wie der Vorbote eines Moments, der nicht mehr aufzuhalten ist.