Das Nesthäkchen

"Schmetterlingsführer: Schmetterlinge, Raupen und Futterpflanzen". Dies war der Titel des Buches, in dem Katharina am Tisch las.

Walter konnte es nicht fassen. Was hatte er in ihrer Erziehung nur falsch gemacht?! Seine Tochter liest fast jeden Tag. Nicht die Bravo, Vogue oder Pramo. Nicht einmal einen Playboy. Selbst den Playboy könnte Walter verkraften. Dann hätte sie halt was für Frauen, was soll's, aber Schmetterlinge? Das hielt Walter einfach nicht aus.

Andere Mädchen in ihrem Alter gehen Kleidershoppen. Katharina ging in die Bibliothek. Die anderen Mädels schlichen sich Nachts auf Partys. Katharina schlich sich Nachts in die Küche und nahm sich einen Apfel. Andere Mädchen spielten mit Jungschwänzen. Katharina spielte Geige.

Ich habe als Vater versagt, dachte sich Walter. Katharina hatte nur wenige Freunde, wenn sie überhaupt welche hatte. Manchmal brachte sie ein Mädchen mit aus der Schule. In der Hoffnung, sie würden gegenseitig ihre Körper erkunden, hatte Walter schon des Öfteren an der Tür gelauscht. Ja selbst eine Unterhaltung über Jungs hätte ihm schon gereicht. Wen sie süß fanden, wer den heißesten Körper hatte und wem sie am ehesten einen blasen würden. Solche Gespräche erwartete Walter von einer 18 jährigen. Aber nein. Seine Tochter, sein eigen Fleisch und Blut, redete mit ihrer Schulkameradin lieber über Differentialgleichungen und die Reaktivität von Kohlenstoffketten.

Seine Frau Rebecca war dabei auch keine große Hilfe. Katharina hatte letztes Jahr nur Einsen auf dem Zeugnis. Und was sagt ihre Mutter dazu? "Wundervoll liebes, weiter so!".

"Weiter so"?! Sie erkannte, anders als Walter, das große Ganze nicht. Kein Junge will ein nerdiges, spißiges Mädchen haben! Er sah es schon klar vor Augen: Katharina, seine geliebte Tochter, würde mit 40 noch nicht einmal entjungfert worden sein. Sie würde alleine, mit ihren zwölf Katzen in ihrer Wohnungen leben und dort den Rest ihres Lebens verbringen, ohne auch nur einmal richtig Spaß gehabt zu haben.

Walter hat alles versucht. Einige Zeit dachte er, sie hätte vielleicht einen Freund, verheimlichte ihn aber. Kein Problem für Walter. Er platzierte Kondome in Katharinas Schultasche. Sie sollte wissen, dass er sie unterstützte. Einen Tag später fand er sie im Müll. Na gut, vielleicht benutzte ihr Freund ja seine eigenen. Kein Problem.

Als nächstes kaufte er seiner Tochter Dessous. Ihre Größen verriet ihm Rebecca. Mütter hatten da mehr den Überblick und Walter fragte sie mit dem Vorwand, er wolle schonmal nach einem Abiball Kleid für Katharina schauen. Die Dessous sollten ihren Freund nochmal extra in Fahrt bringen. Er platzierte sie ihm Kleiderschrank seiner Tochter. Am nächsten Tag gab Katharina die Dessous Rebecca und sagte ihr, sie hätte die wohl aus versehen bei ihr eingeräumt. Walters Frau erkannte sie nicht und es war auch nicht ihre Größe. Walter sagte dann, er habe sie für Rebecca gekauft und wollte sie vorher noch Waschen. Dabei müssen sie wohl leider eingegangen sein. Seine Frau, die schon öfters Dessous von Walter geschenkt bekommen hatte, glaubte es zum Glück.

Walter hatte noch einen letzten Versuch gestartet. Er platzierte eine Leiter an Katharinas Zimmer und hebelte ihr Fenster raus. Er erklärte ihr, er müsse es reparieren und daher könne es erstmal nicht geschlossen werden. Zu der Zeit war es Sommer und von daher auch kein Problem. Damit wollte er ihrem Stecher leichten Zutritt zu ihrem Zimmer gewähren. Vielleicht hatten sie nur keinen passenden Ort, an dem sie es bis jetzt treiben konnten. Nachts legte sich Walter auf die lauer. Er beobachtete das Fenster von den Büschen aus. Dies tat er für einige Tage. Mehr als ein paar Mückenstiche am Hintern brachte ihm das aber nicht. Niemand kam. kein Freund, kein Stecher, kein notgeiler Nachbarsjunge, nichts.

Das wars. Seine Tochter würde auf ewig single bleiben und würde für immer das komische Mädchen sein, was lieber lernt und Bücher liest, als sich mal ordentlich ficken zu lassen.

Walter ging in den Keller und nahm sich ein Bier. Er saß dort, stillschweigend und grübelte. Sein Blick fiel auf den iBod. Da kam ihm eine Idee...