Biologieunterricht

Florine beschlich ein etwas mulmiges Gefühl, als sie das Klassenzimmer betrat. Sie hatte sich für die Teilnahme an einer Projektarbeit eingetragen, die bei erfolgreichem Abschluss glatte 15 Punkte - also die Höchstnote - für das Fach Biologie versprach. Und zwar für das ganze Jahr! Als man ihr die Möglichkeit vorgestellt hatte, war ihr sofort klar gewesen, dass sie da mitmachen würde, schließlich würde ihr das auf lange Sicht eine Menge Zeit einsparen, die sie stattdessen für wichtigere Fächer wie Mathe oder Deutsch investieren könnte.

Doch gab es ein paar Aspekte an der Sache, die ihr Sorge bereiteten. Erst einmal wusste sie leider noch gar nicht, um was es ging oder wie das Ganze von statten gehen sollte. Man hatte ihr an einem Freitag recht spät den Vertrag vorgelegt - ja, einen richtigen Vertrag! - den sie bezüglich der Projektarbeit unterschreiben sollte. Es ging wohl um irgendwelche Einwilligungen und Zusicherungen. Eine Seite drehte sich um die Einverständniserklärung der Nutzung von Bildmaterial, das kannte Florine, daher hatte sie den Rest der vielen verschachtelten Absätze übersprungen, kurzerhand alle nötigen Unterschriften gesetzt und war zum Bus geeilt, den sie sonst verpasst hätte.

Bis jetzt hatte sie vergeblich darauf gewartet, eine Email oder so etwas zu erhalten, mit wenigstens den grundsätzlichen Details. Die würde sie heute hoffentlich von ihrem Biolehrer bekommen.

Da nagte allerdings noch etwas an Florine. Angeblich könnte nur eine Schülerin für die Projektarbeit zugelassen werden, sowie ein Schüler. Die Möglichkeit zur Projektarbeit in Biologie wurde schon letzten Monat veröffentlicht. Warum um alles in der Welt hatte ihr noch keine Mitschülerin den Platz weggeschnappt? Wer könnte denn zu 15 Punkten und Freiheit von Biologieklausuren nein sagen?

In dem Klassenzimmer, das mit den abgestuften, aufsteigenden Tischreihen wie ein kleiner Hörsaal aufgebaut war, hatten inzwischen alle platzgenommen und Herr Konrad schlenderte herein. Der glatzköpfige Biologielehrer war Anfang vierzig und recht beliebt für seine ruhige, besonnene Art und gelegentlichen witzigen Sprüche.

In früheren Zeiten hätte er wohl das Thema der Stunde mit Kreide an die Tafel geschrieben, aber im heutigen digitalen Zeitalter genügte ein Knopfdruck auf der Fernbedienung, um die große Überschrift auf der Multimedia-Tafel einzublenden: