Kuscheln Plus

Das etwas andere Selbstfindungsseminar

Chapter 1 by MattBach MattBach

Vor ein paar Wochen entdeckte ich im Veranstaltungsbereich des Portals ein interessantes Event „Kuscheln Plus Workshop“, dessen Beschreibung mich ansprach. Seit einiger Zeit sind Kuscheltherapien im Trend. Speziell zu Coronazeiten gab es offensichtlich zu wenig Körperkontakt. Diese Veranstaltung ging etwas weiter und ließ das Ende offen nach dem alten Swinger Motto „Alles kann, ...“.

Mit der Anmeldung landete man auf einer Warteliste, da ein Event streng auf acht Personen – vier Männer und vier Frauen - limitiert war.

Doch schon drei Wochen später wurde ich von der Veranstalterin angeschrieben, ob ich für das kommende Event Zeit hätte. Ich habe mich gefreut wie ein Schneekönig und gleich nach den anderen Teilnehmern gefragt. Doch sie antwortete, dass alles anonym sei. Das steigerte die Spannung bei mir nur noch mehr.

Am Abend der Veranstaltung kam ich als Letzter an. Ich schlüpfte kurz in bequemere Kleidung - ein Tipp, den mir die Veranstalterin vorher mitgegeben hatte - und reihte mich in den Kreis ein, den die Teilnehmer fast schon automatisch gebildet hatte. Zufälligerweise oder aus dem Unterbewusstsein heraus standen wir auch abwechselnd da. Mann, Frau, Mann, Frau.

Nachdem ich mich etwas gestresst hatte, um nicht allzu spät zu erscheinen, konnte ich nun erstmals durchatmen. Ich ließ den Alltag hinter mir und hatte Zeit, den Raum, die Situation und die anderen Teilnehmer zu begutachten.

Wir standen in einer Liegelandschaft in grau. Es gab eine runde Couch, in deren Mitte wir uns aufgereiht hatten. Genauer gesagt waren es Halbkreise. An zwei Stellen konnte man von Außen eintreten. Der Rest des Raums war dunkel gehalten. Die Oberlichter ließen die restlichen Strahlen der Abenddämmerung herein. Angenehm gedämpftes, warmes Licht aus einer nicht definierbaren Quelle erhellte den Innenbereich.

Es war still. Die Veranstalterin, die außerhalb des Kreises stand ergriff das Wort.

„Liebe Teilnehmer“, sagte sie aus dem Halbdunkel heraus. „Ich freue mich, Euch hier bei unserer vierten Kuschelnacht begrüßen zu dürfen. Bevor ihr anfangt, habe ich ein paar kleine Verhaltensregeln für Euch. Erstens. Wir wollen anonym bleiben. Das heißt, bitte fragt zunächst nicht nach Namen. Alle sind gleich. Zweitens. Bitte tauscht Euch auch nicht verbal aus. Redet so wenig wie möglich miteinander. Wir wollen uns hier auf das Kuscheln, den Körperkontakt konzentrieren. Dritte und letzte Regel. Es gibt eine Ausnahme und dies ist auch keine Bitte. Tut nichts, was Euer Gegenüber nicht gutheißt. Nein heißt nein. Meist geht das mit einer Geste. Aber um sicherzugehen, dürft ihr in diesem Fall Euer Gegenüber ansprechen.

Okay, das war’s auch schon. Wir schlagen vor, dass Ihr Euch für die erste Viertelstunde einen Partner sucht. Alle fünfzehn Minuten hört ihr einen Gong. Das ist ein Zeichen, dass Ihr Euch umsehen und gegebenenfalls neu gruppieren dürft. Das ist aber keine Regel. Ich würde Euch bitten, zumindest für die ersten Runden noch angezogen zu bleiben. Alles gut?“

Sie blickte in die Gruppe und suchte Zustimmung. Ich tat das gleiche. Da ich die Namen nicht kannte, beschließe ich, den vier Damen selbst Namen zu geben.

Links neben mir stand Kandidatin A. Ich nannte sie Andrea. Sie war geschätzt etwas älter als ich, vermutlich so um die fünfzig, und mollig. Ihr gesamtes Auftreten wirkte so, als habe sie ein großes Bedürfnis nach Nähe. So als habe sie eine Scheidung hinter sich und müsse nun eine Lücke füllen. Ihr Gesicht war freundlich, ihr Lächeln einladend. Sie hatte sich für heute eine weiße, weite Freizeit-Bluse und einen einfachen Blumen-Rock ausgesucht. Darunter trug sie eine dunkle Strumpfhose oder Strümpfe.

Weiter im Uhrzeigersinn stand B, Beate. Sie war die älteste in der Runde. Ihre mittellangen, grauen Haare sahen so gepflegt aus, dass sie vermutlich noch nie Färbung oder Tönung gesehen haben. Der Eindruck setzte sich in ihrer Körperhaltung fort, die so perfekt war, dass ich auf jahrelange Yogaerfahrung tippe. Gleiches gilt für ihre Figur. Sie trug ein weites, dunkles Oberteil und eine feine seidenartige Dreiviertelhose mit fast hosenrockartigen Beinen. Passend zum Yoga-Eindruck stand sie barfuß da.

Mir gegenüber stand C, Cindy. Sie war die jüngste in der Runde. Sie war keine dreißig, auf ihre Art hübsch, jedoch nicht das jugendliche Schönheitsideal. Sie ist schlank, aber nicht dünn. Durch ihre Sport-Leggins, die passenderweise die Aufschrift „Let’s do it!“ trugen, sah ich einen wohlgeformten Hintern, der zur Hälfte von ihrem weiten, weichen Hoodie überdeckt wurde.

Schließlich stand rechts von mir D, Diana, eine Frau, die etwa mein Alter hatte, etwas über vierzig und in der Mitte von Allem zu stehen schien. Sie stand in der Mitte ihres Lebens. Und sie hatte ein Durchschnittsgesicht und eine Mimik, die ich ganz und gar nicht als hässlich bezeichnen würde, die aber etwas von den markanteren Zügen der drei anderen vermissen lassen. Sie trug eines der kürzlich modern gewordenen weiten Kleider mit altmodischen Mustern, zu denen gerne weiße Sneaker als Kontrast getragen werden. Ich konnte wetten, etwas in der Art im Umkleidebereich zu finden, denn hier in der Kuschelzone trug sie weiße Füßlinge.

Die Herren der Runde, das gebe ich zu, habe ich bisher nicht beachtet. Ich spürte hier in allen Gesten der Beteiligten keinerlei Konkurrenzdenken, Wettkampfsituation oder Besitzanspruch, wie sie sonst in Clubs mal entstehen können und hoffte, dass das so bleibt.

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