Die schnelle Nummer

Der Empfang

Timo war nervös, in Erwartung seiner Premiere als Lokalredakteur auf einem wichtigen Event, die Spendengala der örtlichen Geschäftswelt. Er blickte sich um. Alle anderen Gäste beeindruckten ihn, ihre Ausstrahlung, ihr Stil, Er trug einen Anzug, der schick war aber auch einigermaßen bequem. Doch nun kamen Zweifel. Alle anderen Herren hatten sich derart in Schale geworfen, als wären sie auf einem Opernball. Er fühlte sich fremd in dieser Umgebung. Seine zottelige Teenagerfrisur stand in starkem Kontrast zu den perfekt mit Gel oder Wachs gestylten Haaren der anderen. Saß sein grauer Anzug von der Stange halbwegs akzeptabel? Die anderen Herren trugen doch bestimmt alle Maßanzüge. Zu Hause vor dem Spiegel war er zufrieden gewesen, beim Anstehen vor dem Einlass kam er sich vor wie eine graue Maus unter lauter Models.

Gelächter

Nach einer gefühlten Ewigkeit stand Timo an der Einlasskontrolle. Er wurde ohne Nachfragen eingelassen. Über einen Seitenzugang erreichte er das Foyer. Er kannte hier niemand. Übertrieben protzige Ebenholztüren gewährten Zugang zum Veranstaltungssaal. Das war die Gelegenheit für einige Schnappschüsse mit seiner Kamera. Nun zahlte sich aus, dass er extra früh losgefahren war, es waren noch nicht viele Gäste da. Timo suchte sich einen Platz mit einem guten Überblick über den reich verzierten Saal. Für das perfekte Bild verrenkte er sich, um genau den richtigen Winkel zu treffen. Auf einmal vernahm er hinter sich ein unterdrücktes Lachen.

Deutlich lebenserfahrener

Timo schaute hinter sich. Er erblickte eine Frau, die es sich in der leeren Stuhlreihe bequem gemacht hat. Ups, beim nach vorne beugen für das perfekte Foto hatte er ihr wohl ungewollt seinen Popo in der dünnen Anzughose präsentiert. Während die Dame ihn amüsiert betrachtete, blickte Timo die Unbekannte ebenfalls an, vielleicht etwas zu lange. Sie hatte eine schlanke Figur mit hübschen Kurven an den richtigen Stellen. Er schätzte ihre Größe auf etwa 175 cm. Sie hatte ein Abendkleid an, welches ihr Dekolleté wunderbar in Szene setzte. Dem Blick aus ihren dunklen Augen schien nichts zu entgehen. Mit ihrem etwas spöttischen Grinsen konnte sie bestimmt Eisberge schmelzen lassen, zumindest kam es Timo so vor. Er schätzte sie auf Anfang 50, ein wenig älter als seine Mutter. Das Leben hatte leichte Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen, leichte Falten gaben ihrem Ausdruck Charakter. Timo kam aus seiner unnatürlich verdrehten Haltung und stand jetzt direkt vor ihr. Sein Blick versank in ihren dunkelbraunen Augen. Ihm wurde leicht schwindelig. Hatte er sich zu schnell gedreht? Es kam ihm vor, als könnte sie direkt in seinen Gedanken, seinen Empfindungen lesen. Timo war fasziniert von dieser Frau. Niemals könnte er das Interesse einer solchen Dame wecken, da war er sich sicher. Timo löste sich von ihrem Blick und eilte hinaus ins Foyer. Er flüchtete förmlich vor ihrer beeindruckenden Ausstrahlung. Aber egal wohin er schnellen Schrittes eilte, er konnte an nichts anderes mehr denken als an die kurze Begegnung mit ihr.