Büßen und Beten

Der Weg in den Abend

Chapter 1 by kleinehexe kleinehexe

Ich steige gerade aus der Dusche und trockne mich ab. Es wird Zeit für mich, denn du wirst bald zurück sein. Wir haben die Zwerge an die Großeltern verkauft, um einen freien gemeinsamen Abend zu haben. Einen Abend für uns ganz allein. Du willst mich wieder ausführen und hast beim Italiener reserviert. Und morgen ist Feiertag. Buß- und Bettag. Also ausschlafen. In das Badetuch gehüllt, komme ich ins Schlafzimmer und lasse es fallen. Aus der Kommode krame ich die neue knappe schwarze Unterwäsche hervor, die ich extra bestellt habe. Ich will dich damit überraschen. Es ist ja nicht so, dass du das Bonbon zum ersten Mal auspacken würdest. Kritisch sehe ich in den großen Spiegel. Mir gefällt, wie die Spitzen meiner dunklen Haare auf den Schultern liegen. Der Push-up zaubert mit meiner B. Eine Hand voll, wie du immer so schön sagst. Mit 37 und nach zwei Kindern nicht schlecht. Nein, der Lack ist noch nicht ab! Ob es dir wohl auch gefallen wird? Es wird dir gefallen. Ich kenne dich doch.

Ich reiße mich los vom Spiegel, um mich endlich anzuziehen. Wie angewurzelt bleibe ich stehen, als mein Blick das Bett streift. Mein Halsband. Wie kommt es dahin? Ich habe es doch nicht aus dem Versteck im Schrank geholt? Gut geschützt vor den neugierigen Blicken kleiner Kinderaugen. Wie kommt es dahin? Hast du etwa ...? Aber wann? Ich halte es in den Händen. Ja, es ist mein Halsband. Ich liebe es. Ich liebe die Symbolik, die es für mich hat. Und ich mag es, es zu tragen. Für dich. Nur für dich. Und ich mag auch, was dann passiert. Die Dinge, die ich dann nicht mehr in der Hand habe. Willst du etwa heute Abend spielen? Es ist schon eine Weile her seit unserem letzten Spiel. Ich lege es zurück aufs Bett und ziehe mich an. Ein letzter kurzer Check im Spiegel – Passt! Ich sehe gut aus in dem halblangen schwarzen Kleid. Elegant und trotzdem sexy, so wie ich es mag. Ja, ich kann das noch tragen. Ich gehe die Treppe hinunter und treffe dich in der Diele. Du lächelst mich an wie immer. Auch ich lächle dich an und dreh mich um die eigene Achse. „Gehst du so mit mir vor die Tür?“ Du lachst freundlich und hilfst mir ganz Gentleman in die Jacke. Mit deinem „Wollen wir, Schatz?“ verlassen wir das Haus.

Nach kurzer Fahrt erreichen wir das Lokal und nehmen Platz. Es ist schön, mal wieder hier zu sein. Dank Covid ist in letzter Zeit ja nicht viel geworden. Während uns das Tischgespräch die Wartezeit verkürzt, kommt mir das Halsband wieder in den Sinn. Soll ich dich darauf ansprechen? Der Kellner mit dem Essen nimmt mir die Entscheidung ab und reißt mich aus meinen Gedanken.

Beim Essen beobachte ich dich heimlich. Auch du bist auch in Jahre gekommen, mein Freund. 38. Aber du hast dich gut gehalten. Immer noch ein Traum von einem Mann, mein Traummann. Ich glaube, du bekommst langsam Geheimratsecken? Na ja, andere in deinem Alter haben schon keine Haare mehr. Was lächelst du so und wo schaust du hin? Ich folge deinem Blick und sehe sie an der Theke. Eine blonde Barbie, Mitte zwanzig. Was für ein Haufen angemalter Knochen. Mit einem streng ironischen „Gefällt dir, was du siehst?“ rufe ich dich zur Ordnung. Du schmunzelst in dich hinein. Ja, das liebst du. Mich eifersüchtig zu machen. Verdammte Bitch! Leg ihr doch das Halsband an. Apropos Halsband. Was hast du vor? Was hast du geplant? Wenn wir gespielt haben, hattest du immer einen Plan. Du hast mich geführt, als ich mich dir ausgeliefert habe. Du überredest mich noch zum Dessert. Wir quatschen über alte Zeiten. Wo wir uns als Teenager kennenlernten und verliebten. Die Jahre, die wir uns aus den Augen verloren und dann doch wiederfanden. Wo ist die Zeit hin? Und wann haben wir eigentlich das erste Mal gespielt? Nachdem du meine devote Ader entdeckt hast. Ja, sie ist dir nicht verborgen geblieben und wir haben uns darüber ausgesprochen. Auch wenn du bis heute nicht alle meine Fantasien kennst, so teilst du doch den sanfteren Teil davon mit mir. Und den Rest, na ja, den behalte ich lieber für mich. Am Ende bist du noch verwirrt.

Wir treten die Heimreise an und in mir wächst die Unruhe. Was wird mich erwarten? In der Diele hilfst du mir wieder aus der Jacke und wendest dich ab von mir. Was ist jetzt? Was liest du da auf deinem Smartphone? Ich stehe vor der Garderobe und warte, während die Sekunden verrinnen. Für einen Moment drehst du dich zu mir und blickst mich nichtssagend an. Mit einem wortlosen seitlichen Kopfnicken weist du mir den Weg in Richtung Treppe nach oben und widmest dich erneut deinem Handy.

Ich habe verstanden! Langsam gehe ich die Treppe hinauf.

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