Das Getränk - Mia

Mia starrte auf ihr Glas, in dem sich der letzte Schluck Wein wie ein trübes Spiegelbild ihrer Stimmung widerspiegelte. Sie drehte das Glas langsam zwischen ihren Fingern, als könnte sie so die Zeit anhalten, die unaufhaltsam voranschritt. Eine Woche. Nur eine Woche war sie jetzt in dieser Stadt, in diesem Job, in diesem neuen Leben. Und doch fühlte es sich an, als hätte sie schon eine Ewigkeit hinter sich. Eine Ewigkeit voller Unsicherheit, Selbstzweifel und diesem nagenden Gefühl, nicht gut genug zu sein.

Sie hatte sich so viel vorgenommen. Ehrgeizig, fleißig, zielstrebig – so hatte sie sich immer gesehen. Aber jetzt? Jetzt fühlte sie sich wie eine Betrügerin, die sich in eine Rolle gedrängt hatte, die sie nicht ausfüllen konnte. Die Einarbeitung war anstrengender, als sie es sich vorgestellt hatte. Die Kollegen waren freundlich, ja, aber distanziert. Keiner schien zu bemerken, wie sehr sie kämpfte. Oder vielleicht bemerkten sie es und sagten einfach nichts. Vielleicht dachten sie, sie würde es schon schaffen. Oder vielleicht dachten sie, sie würde scheitern.

Mia seufzte und trank den letzten Schluck. Der Wein schmeckte bitter, obwohl sie wusste, dass er eigentlich süß sein sollte. Vielleicht lag es an ihr. Vielleicht war sie es, die alles bitter machte. Sie hatte sich so sehr darauf gefreut, endlich anzufangen, endlich zu beweisen, was sie konnte. Aber stattdessen fühlte sie sich wie ein Fremdkörper, der nicht in die Maschine passte. Jeder Tag war ein Kampf gegen ihre eigenen Erwartungen, gegen die Stimme in ihrem Kopf, die ihr immer wieder sagte, dass sie nicht gut genug war.

Die Bar war laut, aber Mia fühlte sich trotzdem allein. Die Stimmen und das Gelächter um sie herum waren wie ein Hintergrundrauschen, das sie nicht wirklich erreichte. Sie hatte gehofft, dass das hier ihr helfen würde – ein bisschen Ablenkung, ein bisschen Normalität. Aber stattdessen fühlte sie sich nur noch leerer. Sie wollte nicht zurück in ihre kleine Wohnung, in der die Wände sie zu erdrücken schienen. Aber sie wollte auch nicht hier bleiben, wo sie sich so fehl am Platz fühlte.

Plötzlich spürte sie, wie sich jemand neben sie setzte. Sie zuckte zusammen und hob den Blick. Ein Mann, vielleicht Mitte dreißig, mit dunklen Haaren und einem leicht schiefen Lächeln, nahm Platz. Er bestellte etwas bei der Barkeeperin und warf Mia dann einen kurzen Blick zu. Sie senkte schnell die Augen, ihr Herz schlug plötzlich schneller. Was wollte er? Wollte er reden? Oder war das nur Zufall?

Mia spielte nervös mit ihrem leeren Glas. Sollte sie etwas sagen? Oder einfach aufstehen und gehen? Sie fühlte sich wie gefangen zwischen dem Wunsch, nicht allein zu sein, und der Angst, sich noch mehr zu blamieren. Ihre Gedanken rasten, während sie versuchte, nicht zu zeigen, wie unsicher sie sich fühlte.

Der Mann drehte sich leicht zu ihr und öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen...