Luthic

Irina wurde aufgehoben und von zweien der Ork-Priester fortgeführt. Zu viel war in zu kurzer Zeit über sie hereingestürzt und sie hatte Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen. Die größte Sorge bereitete ihr der letzte Satz, den der Häuptling – oder Lord Gruumsh’gar, wie er hier genannt wurde – gesagt hatte.

„Was bedeutet das, ich soll die Höhlenmutter sein?“, versuchte sie von ihren Begleitern mehr in Erfahrung zu bringen.

Einer der beiden grunzte nur. Der andere war zugänglicher und erklärte in ernstem Ton:

„Luthic ist unsere Göttin und die Gattin von Gruumsh. Sie ist die Schutzherrin der weiblichen Orks, der Heilung und der Heimat. In ihrer Aufgabe als Höhlenmutter ist sie Vorbild für alle Frauen. Sie ist das beständige Fundament, auf dem die Ork-Kultur ruht, und die Kraft, die den Stamm zusammenhält.“

Nur verstand sie nach dieser Erklärung kaum mehr als zuvor. Und schon wieder war ein komischer Satz gefallen, der sie nicht ruhig bleiben ließ.

„Sie ist eine Göttin und gleichzeitig die Frau von eurem Anführer?“

Beide Begleiter brachen in schallendes Gelächter aus.

Etwas eingeschnappt meckerte Irina: „Ihr habt doch gesagt, sie ist die Gattin von Gruumsh.“

Vor Lachtränen schniefend antwortete ihr Nebenmann: „Gruumsh ist unser oberster Gott und Schutzherr aller Krieger. Du verwechselst das mit Gruumsh’gar. Diesen Ehrentitel ‚Sohn von Gruumsh‘ trägt unser Stammesoberhaupt. Er ist Stellvertreter des Gottes und wird in dem Ritual heute Nacht seine Rolle einnehmen.“

Es dauerte eine Weile, bis ihr die Zusammenhänge klar wurden. Aber dann schnappte sie nach Luft und blieb abrupt stehen.

Wenn der Stammesführer in diesem Ritual den Gott verkörperte und sie dessen Frau sein sollte, dann hieß das … Oh, nein. Auch wenn sie noch nie mit einem Mann zusammen gewesen war, wusste sie dennoch, was Ehegatten in der Nacht teilten. Das könnte sie nicht tun, das würde sie nicht tun.

„Nein, nein, nein!“

Nachdem hier ein Ritual abgehalten werden sollte, dann wären diese Priester womöglich dabei auch noch anwesend. Vehement schüttelte sie den Kopf und hob reflexhaft die Arme zu einer Abwehrhaltung. Die zwei Bewacher verstanden ihr Verhalten als pure Aufsässigkeit und reagierten entsprechend.

„Aua!“

Der erste packte sie an den Haaren und zerrte sie mit sich in die Richtung, in der sie unterwegs gewesen waren. Notgedrungen musste sie hinter ihm her stolpern, wenn sie nicht fallen und mitgeschleift werden wollte.

Der andere löste das dicke Seil, das er als Gürtel um seine Körpermitte geschlungen hatte, und benutzte es wie eine Peitsche, um sie zusätzlich anzutreiben. In schneller Folge prasselten Schläge auf Irinas Rücken, Hinterteil und Oberschenkel. Ihr dünnes Kleid tat nichts dazu, die Wucht der Hiebe abzumildern. Bald schon war ihre Rückseite mit roten Striemen übersäht, die höllisch brannten.

Endlich stoppte die Tortur und die harte Hand löste sich von ihrem Schopf. Irina fiel entkräftet auf die Knie. Sie blinzelte die Tränen aus den Augen und sah sich um.