Mehr Schatten

Thomas drückt sich tiefer in den Schatten des Flurs. Seine Hände feucht, sein Puls ein einziger dumpfer Schlag.
Nur durch den Spalt der angelehnten Tür sieht er Michelle auf der Liege sitzen, nervös ihre Finger ineinander verschränkend.

Tom steht bei ihr. Nicht zu nah, nicht zu aufdringlich – aber in seinem Körper eine Ruhe, die den Raum einnahm, ihn schwer machte.
Thomas spürt es bis hierher: dieses langsame, schweigende Kreisen zweier Körper umeinander. Ein Spiel, das nur möglich war, weil Thomas es zuließ. Weil er sich wünschte, dass es geschah.

Seine Gedanken taumeln zurück – zu jenem Tag im Auto.

Die Hitze des Nachmittags, der Geruch von Haut und Schweiß, als Tom ihn wortlos zu sich gezogen hatte.
Wie Thomas kniend, mit klopfendem Herzen, mit dieser grenzenlosen Hingabe, ihm zeigte, dass er bereit war.

Dass er ihm vertraute. Dass er ihn wollte, genau auf diese stille, rohe Art.
Und Tom, dieser Fels, dieser ältere, ruhig atmende Mann, hatte ihn angenommen.

Nicht mit Worten. Nicht einmal mit Blicken.
Nur mit dieser langsamen, alles auslöschenden Berührung.

Thomas' Herz hämmert, während er jetzt Michelle beobachtet, die unruhig ihre Beine verschränkt.
Ein Hauch von Unsicherheit in ihrem Blick, als Tom ihr ruhig die Hand auf die Schulter legt.

Ein Test, genau wie damals bei ihm.

Und Michelle lehnt sich kaum merklich in die Berührung hinein.
Eine winzige Bewegung – kaum sichtbar – aber Thomas sieht sie.

Er spürt sie tief in seinem Bauch.

Dieses Flirren, dieses Einverständnis.

Und für einen Moment, der sich dehnt wie Kaugummi, weiß Thomas nicht, ob er sich mehr danach sehnt, dass Tom Michelle berührt — oder dass Tom ihn wieder berührt. In ihm breitet sich diese heiße, süße Scham aus, dicht und schwer wie Sirup.

Er beißt sich auf die Lippen.
Bewegt sich nicht.
Atmet flach.

Er gehört hierher.
Genau hier.

Unsichtbar, stumm, bereit, alles zu sehen und nichts zu fordern.
Ein Schatten im Flur, in dem sich endlich erfüllt, was er nie hatte benennen können.