Ein unerwartetes Wiedersehen

Der Satz sollte eigentlich sehr verführerisch klingen, doch ich bemerkte ein unverkennbares Zittern in der mir so vertrauten Stimme. „Hast du schon vergessen, dass du dich mir nicht mehr als fünfzig Meter nähern darfst“, belehrte ich Waltraud verärgert. „Bitte, ich möchte mich nur fünf Minuten zu dir setzen“, flehte sie. Als ich nichts darauf antwortete, nahm sie möglichst weit weg von mir an meinem Tisch Platz. „Wer hat dir meine Anschrift verraten?“ wollte ich lediglich von ihr wissen, denn ich hatte alles Mögliche getan, um meine neue Anschrift und Telefonnummer vor geheim zu halten. „Manfreds Frau“, erwiderte Waltraud knapp und faltete ihre Hände.

Während wir schweigend da saßen und ich langsam mein Bier leer trank, musterte ich meine Noch-Ehefrau aus den Augenwinkeln. Waltraud war mit einem langen, sehr einfachen und züchtigen Sommerkleid bekleidet, das die Form ihrer schönen, schlanken Beine lediglich erahnen ließ. Ich seufzte schwer und fragte mich, warum Waltraud mich nicht einfach in Ruhe lassen konnte. Sie musste doch wissen, dass es mit uns beiden endgültig aus und vorbei war. „Deine fünf Minuten sind vorbei“, sagte ich schließlich. Waltraud stand auch sogleich auf. „Danke, dass ich bei dir sein durfte“, bedankte sie sich. Ich sah ihr verwundert nach, als sie mit gesenktem Kopf die Bar verließ ...