Janina

Bei Janina ein Bändchen zu zerreißen erweist sich für den Lehrer Benno Oberländer als mehr als einfach. Er sieht sie bei einer Schulveranstaltung an einem Geländer stehen, Arme aufgestützt, und braucht nur den freien Platz neben ihr einzunehmen, seine Hände ebenfalls aufs Geländer zu legen und einen Moment der Ablenkung zu nutzen, um seine kleinen Finger unter ein passenderweise schwarzes und zudem locker sitzendes Bändchen ihres Handgelenks zu schieben. Das dann natürlich reißt, als sie ihre Arme bewegt. Und wie Janina so ist, denkt sie, dass es ihre Schuld ist, sie nicht aufgepasst hat. Sie sieht ihn an, sucht nach Anzeichen, dass er nicht mitbekommen hat, was passiert ist und was es bedeutet. Er vermittelt ihr mit seinen Blick aber genau das Gegenteil: dass er weiß, was passiert ist – und was es bedeutet. Janina wird bleich, als ihr das klar wird. Ihre Mitschülerinnen, die Zeuge der Bändchenzerstörung geworden sind, sind kräftig, aber leise am Feixen. „Tja, Nina, da ist wohl jetzt voller Körpereinsatz von dir gefragt“, sagt eine breit grinsend. „Nur keine falsche ****. Die kann einen ordentlichen Fick vertragen“, flüstert ihm eine andere Schülerin kichernd ins Ohr, sodass Janina das nicht mitkriegt. Nix mit Frauensolidarität, denkt Benno Oberländer sich.

Bei einer wie Janina erhofft er sich nichts im Bett. Mehr als ein Spermatöpfchen wird sie nicht sein. Er ist sich nicht sicher, ob sie verhütet, auch nicht, ob sie schon mal Sex hatte oder ob er derjenige sein wird, der sie knackt. Also wird er bei ihr Kondome benutzen und nicht direkt in ihrer Vagina absaften. Er ist gespannt, ob sie nicht doch kneifen wird, auch wenn sie bei ihren Mitschülern in puncto Ansehen deutlich im Minusbereich wäre. Aber immerhin erscheint sie wie abgesprochen nach Schulschluss am Lehrerzimmer, woraufhin er mit ihr in einen Nebenraum geht, um mit ihr die Details zu besprechen. Am liebsten würde er sie jetzt hier gleich auf dem Sofa nehmen. Aber mit Sex an der Schule hat er keine guten Erfahrungen, deswegen verwirft er die Idee. Außerdem ist kein **** greifbar, und der wäre ganz sinnvoll, denn Janina ist immer noch bleich und zittert wie Espenlaub. Na, hoffentlich kollabiert sie nicht, denkt er sich.

„Jungfrau?“, fragt er sie, und sie ist kurz davor zu ****, schüttelt langsam den Kopf. Offensichtlich ist sie erst kürzlich entjungfert worden. Manchmal hat er seine „voyeuristischen Anfälle“, wie er es nennt, und so fragt er sie: „Wann, wo, mit wem?“

„Vergangene Woche. Auf der Schultoilette. Niklas“, lautet ihre hervorgequälte Antwort.

Auf der Schultoilette – sicher nicht der Wunschort für das „erste Mal“, denkt er sich. Sie könnte ihm fast leidtun, aber nur fast. Aber trotzdem:

„Wir können es auch lassen“, bietet er ihr an, worauf er von ihr ein deutet heftigeres Kopfschütteln erntet. Gruppendynamik, analysiert er messerscharf. Janina lässt sich lieber von einem Lehrer pfählen, als den Respekt bei ihren Mitschülern zu verlieren, auch wenn sie bei denen auch so nicht gerade hoch im Kurs steht.

Sie überrascht ihn, indem sie nicht nur einen Terminvorschlag macht – heute Nachmittag –, sondern auch einen geeigneten Ort weiß: das Schrebergartenhäuschen ihrer Großeltern, die aktuell mit einer Reisegruppe in Italien unterwegs sind. Verspricht ungestörte Zweisamkeit.