Training

Natascha wusste einfach, wie Kathi den Ball spielen würde, noch ehe sie ihn zu ihr setze. Von der Außenseite explodierte sie auf kurzem Raum förmlich und obwohl man das bei ihrer Figur nicht vermutet hätte, konnte sie sich mit dem Absprung weit nach oben schießen. Genau als sie so in vollem Schwung war, war der Ball auch an der Stelle, wo er sein sollte. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie Steffi auf der Gegenseite als Libero ihren Hinterfeldspielern noch Anweisungen zurief, aber sie waren alle schon den entscheidenden Moment zu spät. Mit soviel Kraft wie nötig und soviel Präzision wie möglich setzte sie den Ball genau in das "Schwarze Loch", den Bereich, den keine Mannschaft decken konnte.

"Sehr gut - 14:14" kommentierte Maike vom Schiedsrichterstuhl den Erfolg von Team B, während Natascha und die anderen aus der Reserve sich abklatschten. Auf der Gegenseite wuchs der Frust mit jedem Moment im Trainingsspiel. "X für 3 auf die 1." hörte sie dann Kathi vor dem nächsten Aufschlag kurz sagen.

Steffi nahm den Aufschlag gut an, aber ihr Zuspiel erwischte Sila auf dem falschen Fuß und die konnte den Ball nur schwach für den **** stellen. Mit dem Rücken zum Netz nahm Kathi den Ball auf und wusste, wie vor ihr Natascha und Anne kreuzten. Blind, aber deswegen auch schnell spielte sie ihn nach vorne - aber nicht in Nataschas Richtung, sondern über Kreuz auf Anne. Nur Steffi erkannte den Spielzug schnell genug, aber sie stieß bei ihrem Sprung im Hinterfeld mit Birte zusammen, die völlig überrascht war, dass der Ball zu ihr kam.

"AUS!" rief sie, noch ehe sie das Aufklatschen des Balles hörte. "Handbreit aus." wiederholte sie, während sie Luft holte. "Der war niemals aus - spinnst Du?" protestierte Kathi sofort wie angeschossen. "Er war aus - willst Du mit mir diskutieren?" fauchte sie zurück und bemühte sich um alle Autorität, die ihr als Kapitänin zustand. "Was soll ich mit einer Blinden diskutieren, ob sie was gesehen hat?" kam es schnell wie ein Smash zurück und nur Maikes lauter Pfiff unterbrach beide.

Maike ließ den Pfiff lange klingen, weil sie überlegen musste. Seit fünf Jahren trainierte sie neben der Uni die Mannschaft und sie waren so gut geworden, aber es hakte immer mehr in der Mannschaft. Wenn sie nur den Grund wüsste, warum Kathi und Steffi so gar nicht miteinander konnten. Für die Saison-Finals musste sie eine Entscheidung treffen, denn in der 1. Mannschaft war nur Platz für eine.