Niklas befasst sich mit den Armbändern seiner Schwester

„Möchtest du mal anfassen?“, unterbricht ihn Nadine in seinem Gedankengang und hält ihm ihren Arm mit den Armbändern hin, gibt dadurch zu erkennen, dass sie seine Irritation bemerkt und richtig interpretiert hat. In der Tat nimmt Max die Armbänder näher in Augenschein, fasst einzelne verschiedener Farben vorsichtig an, dann auch das transparente. Und da passiert es: Nadine bewegt ruckartig ihr Handgelenk, allerdings nicht von ihm weg, sondern an ihm vorbei. Mit der Folge, dass das transparente Band zwischen seinem Daumen und Zeigefinger hängen bleibt – und, da Niklas unwillkürlich die Hand zur Faust ballt, reißt!

„Oh, sieh, was du gemacht hast: Jetzt ist es kaputt!“, sagt seine Schwester in süffisantem Ton und mit scheinheiliger Miene, „du weißt, was das bedeutet?“

„Ähm... ja“, antwortet Niklas gedehnt, dessen Verstand sich im Moment noch weigert, die gesamte Tragweite des Geschehenen zu erfassen.“

„Und zwar?“, will Nadine es nun ganz genau wissen.

„Dass wir ... also du und ich ... also das wir ... miteinander ... uns ... geschlechtlich vereinigen.“

Eigentlich ein saublöde Formulierung, findet er, aber die Begriffe „bumsen“, „ficken“, „vögeln“ will er nicht benutzen – es ist doch schließlich seine Schwester!

„Richtig! – Auch wenn ich es anders ausdrücken würde. Und: Freust dich schon?“, möchte Nadine nun von ihm wissen, und ihr strahlendes Gesicht sagt Niklas, dass sie sich auf jeden Fall freut. Und irgendwie beruhigt ihn das. Das führt aber nicht dazu, dass er im Moment auch nur ein Wort herausbringen kann. Nadine irritiert sein Schweigen nicht, nach wenigen Momenten schlägt sie ihn jovial auf die Schulter und sagt „Macht nichts, das kommt noch!“.

Dann kriegt Niklas doch ein Wort heraus: „Wann?“

„Was hältst du von heute? Wir haben gleichzeitig Schulschluss, bei mir liegt nicht an, was unbedingt heute erledigt werden müsste, und vor 20 Uhr kommt von unseren Leuten eh keiner nach Hause, haben also bis dahin die Bude ganz für uns allein!“

Der immer noch ziemlich verdatterte Niklas nickt zur Antwort nur, da auch bei ihm nichts Besonderes anliegt, fragt dann aber: „Warum? Du bist doch meine Schwester. Außerdem ist das doch verboten.“

„Machst du immer nur Erlaubtes?“, lautet Nadines – natürlich rein rhetorische – Gegenfrage, die Niklas dann auch mit einem Kopfschütteln quittiert.

„In dem Fall gilt: ,Wo kein Kläger, da kein Richter‘, und ich kann dir versprechen, du wirst keinen Grund für Klagen haben“, flötet seine Schwester, „und was soll dagegensprechen, dass Geschwister, die sich gut verstehen, sich noch intimer kennenlernen?“

Niklas’ Verstand sucht immer noch sein Koordinatensystem, sein Gefühl signalisiert ihm aber, dass Nadine völlig recht damit hat – und sein bereits hart werdender Schwanz scheint das mittlerweile für eine sehr gute Idee zu halten.