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Chapter 9 by tease94 tease94

Wer betritt den Raum?

Morghiana, die Zauberin

Reflexartig hielt Isidia sich das dünne Baumwollhemd vor den Körper. Gleichzeitig positionierte sie sich derart, dass Therions breiter Körper sie so gut wie möglich abschirmte. Vorsichtig lugte sie über die Schulter ihres Vordermanns.

Die Person, die entschlossen und ohne zu klopfen die Schlafkammer betrat, war in eine wallende, karmesinrote Robe mit Goldstickerei gehüllt. Elegante, geschwungene Muster zierten den Kragen und die Säume an Händen und Beinen. Mystische Symbole entlang der Armlinie und auf der Robenfront offenbarten die Profession des Neuankömmlings. Das Gesicht war unter einer weiten Kapuze verborgen, doch der Schnitt und die Taillierung der Robe verrieten, dass es sich um eine Frau handelte. Eine hoch gewachsene, langbeinige Frau. Und eine Zauberin.

"Morghiana!" rief Therion überrascht. "Wir haben dich nicht so schnell zurück erwartet."

"Ich habe Neuigkeiten." Sobald die Zauberin den Raum betreten hatte, schloss sie die Tür hinter sich und warf die Kapuze zurück. Eine lange, rote Mähne stob wild in die Freiheit. Ihr Gesicht war schmal und vornehm, mit hohen Wangen und üppigen, roten Lippen.

Beeindruckt trat Isidia einen Schritt zurück und stieß gegen das Bett hinter ihr.

Die Zauberin fuhr herum und ein paar unheimlich strahlender, smaragdgrüner Augen bohrte sich in Isidias Gesicht.

"Wer ist das?"

Therion hob erklärend die Hände. "Wir haben sie in der Nähe des..."

"Könnt ihr drei euch nicht wenigstens für einen Tag bedeckt halten?" Die Stimme der Zauberin war rauchig wie dunkler Rotwein. Ihre Verärgerung war nicht zu überhören.

"Es ist nicht so wie du denkst, Morghiana!" Shi'rok kam seinem Freund zu Hilfe. "Wir haben sie aus den Händen des Mobs gerettet. Erst vor Kurzem. An der Rückseite des Palastes."

Die Zauberin hob eine Augenbraue. "So?"

Therion nickte.

"Hmm." Die Zauberin trat näher. Isidia krümmte sich unter ihrem Blick. Kalte, grüne Falkenaugen, mit einem überraschend irisierendem Farbenspiel. Isidia blinzelte verwirrt. Sie beschlich das Gefühl, all ihre Gedanken lägen offen. Noch nie war Isidia sich so hilflos vorgekommen. Selbst vorhin nicht, als Fürst Adalmar den Bann gegen sie ausgesprochen hatte. Doch mit dem Bett im Rücken und einer soliden Holzwand dahinter gab es kein Entrinnen.

"Wie heißt du, Mädchen?" Die Falkenaugen musterten sie kühl.

"I... Isabel," stammelte Isidia.

"Wo wohnst du?"

"Nir-nirgendwo. Ich... ich bin erst vor Kurzem in die Stadt gekommen."

"Nirgendwo?" Die Magierin hob eine Augenbraue. "Soll das heißen, du bist ein Gossenmädchen?"

"Sie ist vom Land, Morghiana." Therion kam Isidia zu Hilfe. "Ihr Vater ist vor zwei Wochen zu den Göttern gegangen, und der Gutsbesitzer, bei dem sie lebten, hatte wohl seine eigenen Vorstellungen von ihrer zukünftigen Tätigkeit..." Therion ließ das Unausgesprochene für sich sprechen.

"Hmm." Morghiana schien nicht wirklich überzeugt. "So, sagt sie das?" Die Zauberin behielt ihren Blick unermüdlich auf Isidia gerichtet. "Stimmt das, was Therion berichtet?"

Isidia nickte. "Ja, Herrin." Allmählich bekam die Prinzessin wieder festeren Boden unter den Füßen.

Die Falkenaugen verjüngten sich. Noch einmal wurde Isidia einer scharfen Musterung unterzogen. Dann entspannte sich die Zauberin und wandte sich ab. Ihre Gefährten atmeten durch. Erleichtert dankte Isidia den Göttern. Da drehte sich die Zauberin noch einmal um. Isidia stockte der Atem.

"Folgst du Lashima?"

Isidia blinzelte verblüfft. Die Frage war ungewöhnlich. Lashima war die Göttin der Liebe und der Leidenschaft. Natürlich folgte sie ihr. Sogar sehr häufig. Doch wollte sie, dass diese Frau und die Männer das wussten? Isidias Antwort fiel ausweichend aus. "Ich... erkenne Lashima an." Sie war kein eindeutiges 'Ja', aber auch kein kategorisches 'nein'. Die Wahrheit lag irgendwo dazwischen. Isidia machte sich auf eine weitere Frage in dieser Richtung gefasst.

Doch diese blieb aus. Stattdessen sagte die Zauberin: "Gut. Von mir aus kannst du bleiben." Die Falkenaugen musterten Isidia von Kopf bis Fuß und blieben an ihrem dünnen Hemdchen haften, welches Isidia vor ihre Blöße hielt. "Mir scheint, ein Bad würde dir gut bekommen. Du hast einiges durchstehen müssen." Isidia nickte und deutete gar einen Knicks an. Gelernt war gelernt. Die Aussicht auf ein sauberes Bad besserte ihre Stimmung enorm. Was machte da schon ein unterwürfiger Knicks? Die Zauberin wandte sich Therion zu. "Bring die Kleine in fünf Minuten nach unten. Ich werde die Dienstmagd darauf vorbereiten. Danach muss ich noch einige Erledigungen machen. Bis dahin haltet ihr euch zurück."

"Geht in Ordnung, Morghiana," antwortete Therion. Die beiden anderen Abenteurer nickten ebenfalls. Isidia realisierte, wer hier die Anführerin war.

Morghiana wartete keinen weiteren Augenblick, wirbelte herum und verschwand wieder durch die Zimmertür. Therion kratzte sich am Bart, während Eddis einen weiteren Schluck Bier nahm. "Du hast Morghiana gehört, Isabel." Therion lächelte beinahe entschuldigend. "Ich hoffe, du hast gegen ein Bad nichts einzuwänden?"

"Natürlich nicht, Herr." Isidia befleißigte sich eines aufrichtig dankbaren Lächelns. "Ich... ich würde es begrüßen."

"Gut. Sehr gut." Therion grinste breit. "Dann werden wir uns in fünf Minuten auf den Weg machen."

Wie geht's weiter?

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