Evelyn

Es handelte sich um eine schwarze teure Limousine mit getönten Scheiben die da auf dem Parkplatz hielt. Zwei Männer stiegen aus, der Beifahrer und einer aus dem Fond, der Fahrer blieb sitzen.
Während der Beifahrer, vom Typ besserer Rausschmeißer, neben dem Wagen stehen blieb und sich umschaute ging der Mann aus dem Fond mit zügigen Schritten auf den Eingang des Hotels zu.
Er war ziemlich groß und schlank, trug einen teuren Anzug und passende Schuhe, hatte ein schmales Gesicht, frisierte schwarze Haare und einen dünnen Oberlippen- und Kinnbart.

Robert und Melanie hatten sofort beide den Verdacht, das er ein Gangster war weshalb sich beide innerlich zur Vorsicht mahnten.
Der Fremde kam freundlich lächeln näher.

"Einen schönen guten Abend, wünsche ich. Ich bitte um Verzeihung wenn ich ihnen gleich eine Enttäuschung bereiten muss, aber ich benötige kein Zimmer. Ich möchte sie nur etwas fragen." kam es schnell, aber klar über seine Lippen. Er hatte keinen Akzent und wirkte so wenig bedrohlich das Robert sich sicher war einen Gangster vor sich zu haben. Sein Magen zog sich zusammen als er darüber nachdachte das es sich um einen "Versicherungsvertreter" handeln könnte.
So einer hätte ihm gerade noch gefehlt. Trotzdem lächelte er höflich zurück. Erst mal die Situation klären, dann konnte er weitersehen.

"Das macht nichts. Womit kann ich ihnen helfen ?" fragte er und es schien ihm als würde seine Stimme nervös vibrieren.

"Ich suche meine Schwester. Eigentlich hätte sie heute heiraten sollen. Es war alles vorbereitet, eine richtig große Feier mit allem drum und dran, und dann - Paff - haut sie im letzten Moment ab. Es gab ein wildes hin und her und nun versuchen wir schon den Rest des Tages sie irgendwo wieder aufzutreiben, um die Sache klären zu können. Deshalb suche ich sämtliche Hotels ab, in der Hoffnung, das sie irgendwo abgestiegen ist. Sie heißt Evelyn, ist 24, 1,65m groß mit langen brünetten Haaren, und grünen Augen. Sie ist ziemlich hübsch. Sie müsste noch ihr Hochzeitskleid anhaben, wird sich aber wahrscheinlich doch inzwischen umgezogen haben." erzählte der Fremde und stand so locker und unbefangen herum, das seine Geschichte fast glaubhaft klang. Aber Robert kannte solche Typen und hatte ein gewisses Gespür für unsaubere Geschichten.

"Nein, tut mir leid. Heute haben war noch keine neuen Gäste herein bekommen und gestern war der letzte ein Versicherungsvertreter aus Wysconsin." erklärte Robert und legte seinen Finger auf den letzten Eintrag im Gästebuch, gerade so das sein gegenüber sehen konnte das er nichts zu verbergen hatte.

Der Elegante zuckte die Schultern.
"Da kann man nichts machen. Aber sie sind auch wirklich nicht der erste von dem ich eine Absage höre. Aber vielleicht können sie mir einen anderen Gefallen tun. Sollte Evelyn doch noch hier auftauchen, könnten sie mir vielleicht Bescheid geben." Dabei zückte er eine Brieftasche und zog eine Visitenkarte hervor. Darauf waren nur der Name 'Harold Cusak' und eine Handynummer zu lesen.
Robert schaute sich die Karte kurz an, dann steckte er sie in das Gästebuch, das er wieder schloß.

"Natürlich Mr. Cusak. Ich bezweifle zwar das sich ihre Schwester ausgerechnet hier einfinden wird, aber wenn sie hier auftaucht werde ich ihr Bescheid sagen das sie sie suchen, und sie verständigen."
Robert beobachtete genau die Reaktion seines Gegenübers. udn der reagierte wie er es erwartet hatte.

"Neinnein. Wenn sie sich hier anmeldet sagen sie ihr bitte nichts. Rufen sie mich einfach nur an. Ich möchte schließlich mit ihr reden. Da ich nicht weiß warum sie einfach fortgelaufen ist könnte sie sich erneut absetzen bevor ich mit ihr reden kann, wenn sie ahnt das ich sie suche.
Rufen sie mich einfach nur an, es soll ihr Schaden nicht sein." erklärte der Schlanke und blinzelte Robert kaum wahrnehmbar zu.

"Also schön. Ich wünsche ihnen viel Erfolg, vielleicht finden sie Sie ja schon im nächsten Hotel."
"Ja, Schön währe es, aber ich habe kaum noch Hoffnung." meinte der andere und täuschte ein gähnen vor. Er verbeugte sich leicht, dann schritt er wieder hinaus. Die Männer stiegen ein und der Wagen fuhr los.

Melanie kam aus dem kleinen Kabuff unter der Treppe hervor von dem aus sie alles beobachtet hatte.
"Ein merkwürdiger Typ. Was meinst du ? Mafia ?"
Robert zuckte die Schultern.
"Keine Ahnung. Ist mir auch Wurst. Ich weiß nur, das ich weder diesen Typen noch einmal hier sehen will, oder gar diese ominöse Evelyn."

Melanie nickte überlegend.
"Ja, besser wär' das wohl. Willst du die Karte dieses Herrn Cusak nicht wegschmeißen ?"
Robert schüttelte den Kopf.
"Ich hoffe zwar ihn nicht wiedersehen zu müssen, aber sicher ist sicher." meinte er.
"Na gut." Melanie gab Robert einen Kuss, der beide etwas beruhigte.

Eine Stunde später saß Robert alleine hinter dem Tresen der kleinen Bar, hatte ein Glas Bourbon vor sich stehen und las die Zeitung. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein von Regen völlig durchnässtes Mädchen stürzte herein. Sie sah erschöpft aus und atmete heftig.
Sie trug eine türkisfarbene Bluse und einen rosa Rock von knielänge, dazu weiße Stoffschuhe. Die Sachen waren durch den Regen ziemlich durchsichtig und klebten an dem wohlgeformten Körper.
Die langen Haare hingen ihr ins Gesicht und verdeckten ein hübsches Gesicht. Das Mädchen schaute sich um und als es Robert sah keuchte sie "Ich brauche ein Zimmer !"

Robert war sofort aufgestanden, hatte bei dem Anblick des Mädchens aber sofort ein ungutes Gefühl.
"Ein Zimmer. Jawohl. Für eine Nacht oder für länger ?" fragte er und drückte den versteckt angebrachten Klingelknopf der Melanie rufen würde.

"Nur für heut' Nacht." sagte das Mädchen und legte schon ihre Kreditkarte auf den Tresen.
Robert hatte das Gästebuch aufgeschlagen und dabei die Visitenkarte unter seiner Hand verborgen entfernt. Er las gerade den Namen 'Evelyn Cusak' auf der Kreditkarte als Melanie zu ihm trat.

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