Er sollte Samir wegschicken

Der Bademantel war zu groß und zu weit für Samirs schlanke Gestalt und wurde nur durch den Gürtel um seine Hüften zusammengehalten. Der Kragen lag locker auf seinen Schultern und enthüllte ein feuchtes Schlüsselbein. Sein dunkles Haar klebte feucht und in unordentlichen Strähnen an seinem Kopf. Ein einzelner Wassertropfen lief wie in Zeitlupe an seiner Schläfe herab. Er lächelte verlegen. Es hatte etwas Entwaffnendes an sich – etwas Intimes.

„Ich wollte nicht meine alten Klamotten anziehen“, entschuldigte er sich, in der Annahme, dass er eine Erklärung geben sollte. „Sie sind dreckig und - stinken.“ Er stieß einen Seufzer aus und fuhr sich mit der Hand durchs nasse Haar. „Ich hoffe, das ist okay.“

Gabriel blinzelte sich in die Wirklichkeit zurück und bemühte sich, sich auf Samirs Worte zu konzentrieren, anstatt auf die Art und Weise, wie der Baumwollstoff an seinen Hüften klebte, über seiner Brust aufklaffte und bei jedem Schritt die sportlichen Beine umspielte.

Gabriel nickte steif. Ihm fehlten die Worte, seine Brust fühlte sich eng an.

Samir wippte verlegen auf Fußballen und Fersen vor und zurück. Dann zog er eine Salbentube aus der Seitentasche des Bademantels.

Er hielt sie sich vor die Augen und tat so, als lese er die Beschriftung, obwohl er mit Sicherheit wusste, was sie enthielt. Es war offensichtlich, dass er versuchte, direkten Blickkontakt zu vermeiden, während er weitersprach.

„Das ist ein Mittel gegen Prellungen, Schmerzen und Entzündungen. Ich dachte, dass du so was im Medizinschrank haben würdest und dass es dir vielleicht guttun würde.“

Er stockte. Sein Blick flackerte nach unten, dorthin, wo Gabriels geschwollene Hoden unanständig blau schimmerten.

„Außerdem ... wegen vorhin. Ich wollte dir nicht so sehr wehtun. Es tut mir sehr leid. Und ich würde es gern wieder gutmachen.“

Gabriel schluckte. Zu allen Dingen, die er von Samir erwartet hatte, gehörte so eine Entschuldigung nicht dazu.

Er wusste, dass er ablehnen musste, dass er Samir wegschicken sollte. Doch er brachte kein Wort heraus.

Samir kam näher – zu nahe. Gabriel geriet in Panik, sein Verstand setzte aus. Samir setzte sich auf die Bettkante, die Matratze gab unter seinem Gewicht leicht nach. Gabriel spannte sich an, als Samir sich vorbeugte, Salbe auf seine Hand drückte und diese zögerlich ausstreckte.

Eine warme Handfläche berührte Gabriels Haut, sanfte Finger glitten über die schmerzende Stelle. Gabriel sog den Atem ein.

Samir drückte nicht einmal, berührte ihn nur ganz leicht, aber das reichte schon. Die Wärme seiner Hand, die sanfte Reibung auf der empfindlichen Haut – Gabriel spürte alles überdeutlich. Und seine Reaktion war unmittelbar, nicht mehr zu leugnen.

Scham überwältige ihn und diese konnte er akzeptieren. Aber da noch ein stärkeres Gefühl, etwas viel Gefährlicheres. Er sollte Samir davon abhalten. Er sollte sich eigentlich zurückziehen. Er sollte zumindest etwas sagen.

Aber mit maßlosem Schrecken erkannte er, dass nicht nur sein Körper die Berührungen genoss, sondern dass er, Pater Gabriel es wirklich wollte.