Eine Art zweites Erwachen.

Rebecca stapfte wie eine Maschine zu dem kleinen Teich. Es gab direkt daneben eine kleine Vertiefung in der sich auch Wasser gesammelt hatte das aber ruhig war und Rebecca bisher gut als Spiegel gedient hatte. Rebecca blieb vor der Wasserfläche stehen und sank auf die Knie. Aber sie zögerte in das Wasser zu schauen. Sie musste sich zwingen sich immer weiter vor zu beugen bis sie endlich ihr Gesicht in der Wasserfläche betrachten konnte. Lange Minuten starrte sie ihr Gesicht an und rührte sich nicht.

Dann leckte ihre Zunge über die Lippen und mit kratziger Stimme sagte sie :

"Rebecca Langley."

Es war als hätte das aussprechen ihres Namens einen Bann gebrochen. Rebecca blinzelte, dann schaute sie sich erneut um, als sähe sie ihre Umgebung das erste mal.

"Verdammt !" murmelte sie, dann schöpfte sie Wasser aus der Kuhle und spritzte es in ihr Gesicht.

Sie wusch ihre Hände und trocknete sie im Gras.

Sich nun wieder normal bewegend ging sie erneut zu ihrer Hütte zurück und betrachtete die Einrichtung.

"Was ist das für eine Lüge ?" fragte sie ins leere und strich über verschiedene Gegenstände.

Sie strich über die einfachen Möbel ihrer Hütte, und viele der kleinen Dinge die sich hier an fanden.

Als sie den frischen duftenden Fladen berührte spürte sie dessen Wärme und verspürte plötzlich Hunger.

Sie nahm das Brot, eines der (ihrer ?) Holzmesser und setzte sich auf einen der Stühle an den (ihren?) Tisch. Langsam riss sie etwas von dem Brot ab, schmierte etwas Schmalz drauf und biss fast ängstlich hinein. Aber egal was sie erwartet hatte das Brot blieb Brot, warm weich und im Geschmack wi es ihrer Erinnerung entsprach. Langsam kauend legte sie das Messer wieder hin.

"Du zumindest bist keine Lüge. Du schmeckst genau so wie ich es erwarte. Aber alles andere hier ...

Was ist das ? Wer hat das alles gemacht ? Warum

Und wer bin ich ? Bin ich wirklich Rebecca Langley ?"

*

Die Erkenntnis war schlagartig in Rebeccas Verstand gestürzt. Sie hatte sich die Orte ihres geplanten Marsches vorgestellt. Ihren Garten, die Obstbäume, den Strand mit den Höhlen, das Salzfeld zwischen den Felsen, den Wald und die Wildschweine und den Eingang zu dem verlassenen Gebäude, das ihr immer unheimlich gewesen war.

Sie hatte sich den eckigen Kasten mit seinen dunklen, rauhen Wänden die teilweise schon von einem dichten Pflanzenbewuchs bedeckt waren und in denen kleine Öffnungen wie leere Augenhöhlen eingelassen waren vorgestellt und dabei hatten ihre Finger das glatte Holz des Brettes berührt und schlagartig hatte sie erkannt das sie nicht in der Lage war ein solches Brett herzustellen. Nicht so gleichmäßig und glatt. !

Das war der erste Gedanke.

In diesen hinein drängte sich die Frage wann sie das letzte mal in der Nähe des alten Gebäudes gewesen war. Und warum war es ihr so unheimlich ?

Sofort schossen weitere Fragen hinterher.

Wann war sie das letzte mal am Strand gewesen ? Oder auf der Jagd ? Wann hatte sie die Hütte gebaut ? WIE hatte sie die Hütte gebaut ? Wo war sie überhaupt ? WER war Sie ?

Im nächsten Moment spülte die Erkenntnis durch ihren Geist, das sie ihr ganzes bisheriges Leben nur auf ein paar Erinnerungen zurückführen konnte. Sie konnte sich an Ereignisse von wenigen Wochen erinnern, aber danach gab es keinerlei Erinnerungen. Und was sie am meisten Entsetzte war, das sie diese Erinnerungen bisher nicht im mindesten vermisst hatte.

Erst jetzt fragte sie sich, wer sie wirklich war. War ihr Name tatsächlich Rebecca Langley ?

Wer war sie ? Woher kam Sie ? Warum war sie hier ? Was war dies für ein Ort ?

Ihre Erinnerung sagte ihr das sie Rebecca Langley hieß, 23 Jahre alt war und seit Jahren alleine auf dieser unbekannten Insel, mitten in einem unbekannten Meer lebte. Sie beherrschte alle Fertigkeiten um auf sich alleine gestellt zu überleben, und fand auf diesem Eiland alles vor um Überleben zu können. Aber woher wusste sie wie man jagt ? Wie war sie überhaupt hier her gekommen ?

Wieso war hier alles so perfekt zusammengestellt ?

Und dann die Hütte und die Einrichtung.

Rebecca glaubte schon das sie genügend praktisches Talent hatte sich eine Unterkunft, Möbel und Geschirr zu bauen, oder sich Jagdgeräte und Kleidung selber herzustellen.

Aber bei genauerer Betrachtung stellte sie fest das einige tragende Holzteile der Hütte zumindest mit anständigen Werkzeugen hergestellt sein mussten, denn sie konnte sich nicht erinnern eine Säge zu besitzen, oder gar einen Hobel um Flächen zu glätten.

Wenn Sie sich umsah wirkte alles primitiv und mit den natürlichen Vorkommenden Materialien gearbeitet aber man konnte Dinge erkennen die ohne Werkzeug nicht SO hergestellt werden konnten.

Wer hatte dies also gebaut ? Und zu welchem Zweck ? Und wieso hatte Rebecca all diese Lügen und ihre fehlenden Erinnerungen bisher ohne Nachzudenken hingenommen ?

Das brachte natürlich weitere Fragen mit sich.

Warum konnte sie auf einmal frei Denken und die Fehler in diesem Merkwürdigen Spiel erkennen ?

Und was würde nun geschehen nachdem sie wieder ihren freien Willen besaß ?

Wer auch immer und zu welchem Zweck auch immer dies alles arrangiert hatte musste damit ja etwas bezwecken. Es schien Rebecca logisch das man sie deshalb zumindest beobachtete, und das sich jetzt wo sie wieder ihren freien Willen hatte einiges geschehen würde. Würde sie erfahren was das alles sollte ?

Was würde von ihr erwartet ?

War das erlöschen ihrer Erinnerungsblockade vielleicht sogar beabsichtigt ?

Und warum erinnerte sie sich nicht an mehr ?

Gedankenverloren hatte sie weiter von dem frischen Brot gegessen und war gesättigt. Sie trank etwas Wasser und schaute sich erneut um. Die Hütte und alles um sie herum, das ihr bisher als Schutz und Sicherheit gegen das draußen erschienen war wirkte auf einmal fremd, künstlich und sogar bedrohlich.

Rebecca hatte im Moment nichts auf das sie mit Sicherheit bauen konnte. Sie wusste nicht ob sie wirklich Rebecca Langley war, oder welche Zeit man schrieb. Erschrocken bemerkte sie das sie nicht einmal eine Vorstellung davon hatte was es außerhalb ihrer Insel noch gab.

Sie wusste nur eines genau. Sie würde nicht tatenlos warten bis eine Antwort zu ihr kam.