Der neue Freund

Siggi erkannte an den Schritten, daß es nicht Tia sein konnte. Schnell versteckte er sich hinter dem Mauervorsprung, als eine Gestalt, nicht größer als er, zu Tias Wohnung ging, einen Schlüssel rauszog und die Tür öffnen wollte. Ein sauberer Handkantenschlag beförderte die Gestalt ins Reich der Träume. Siggi tat das, was der Typ wollte, öffnete die Tür und schleifte ihn erst einmal in die Wohnung. Der Typ kam langsam wieder zu sich, daher half Siggi erst einmal mit dem Elektroschocker nach. Bedachtsam schloß er die Wohnungstür. Er setzte den Typen erst einmal auf einen Stuhl und fesselte ihn so, daß er sich nicht mehr rühren konnte. Erst jetzt nahm er sich die Zeit, ihn genauer zu betrachten. Es war Tias neuer Lover. Schnell ließ er die Rollos herunter, durchsuchte erst einmal die Taschen seiner Geisel, fand seinen Ausweis und sein Handy.

Daraus entnahm er, daß der Typ Wolfgang hieß. Auf seinem Handy zeigte die Mailbox eine neue Nachricht. Voller Neugier begann Siggi die Nachricht abzuhören. Tia teilte ihm mit, daß sich ihr Zug um eine Stunde verspätet hatte.

Siggi war sehr zufrieden damit, denn so konnte er sich erst einmal mit dem Typen befassen. Er verpasste ihm erst einmal ein paar kräftige Schläge ins Gesicht. Dann ließ er die Rollos herunter. Wolfgangs rechtes Auge schwoll an. Von seiner rechten Wange quoll ein wenig Blut.

Langsam kehrte sein Bewußtsein zurück. Er sah den vermummten Typen, wußte aber nicht, was er von ihm wollte. Siggi wühlte unterdessen in den Schubladen. Achtlos verstreute er den Inhalt auf dem Fußboden.

Wolfgang bekam es mit der Angst zu tun. Er dachte der Räuber sei vor allem an Wertsachen interessiert. Mit schwacher Stimme erklärte er, daß sich die Wertsachen im Schlafzimmer befinden würden. Siggi nickte dankbar und verklebte ihm erst einmal den Mund.

Dann begab er sich ins Schlafzimmer, um dort weitere Erkundungen zu starten. Neben verschiedenen Wertsachen fand er dort Tias Tagebuch, in dem er neugierig blätterte. Er wußte nicht, daß sie ein Tagebuch führte. Was er darin laß, interessierte ihn jedoch sehr.

Nach einer Weile ging er zurück ins Wohnzimmer. Der gefesselte Wolfgang hatte sein Bewußtsein wieder voll erlangt. Der Abend war ganz anders verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Eigentlich wollte Tias Blumen gießen und mit ihr ein paar wichtige Dinge bereden. Und jetzt saß er gefesselt und wehrlos da. Siggi schaute auf die Uhr. Tia mußte jeden Augenblick kommen. Er setzte den wehrlosen Wolfgang so, daß er direkt auf die Wohnungstür blicken konnte. Dann stülbte er ihm ein Winterkappe über die Augen, öffnete die Wohnungstür und schloß sie wieder laut und vernehmbar.

Wolfgang hörte die Wohnungstür ins Schloß fallen. Wenigstens ist der Typ nicht mehr da, wenn sie heimkommt dachte er. Er konnte nicht ahnen, daß sich Siggi noch immer in der Wohnung befand und sich inzwischen im Badezimmer versteckt hatte.