Ein Video als Versicherung

"Jetzt wollen wir dafür sorgen, dass Du es Dir nicht morgen anders überlegst!" sagt Hans wie beiläufig. "Wir üben erstmal den Text, damit Du ihn auch flüssig drauf hast!" grinst er. "Derweil kannst Du Dein Gesicht ein wenig auf Vordermann bringen." Er greift in eines der herumstehenden Regale, gibt der jungen Schwesternschülerin eine Wasserflasche und ein Handtuch. "Wisch Dir die Tränen weg. Es gibt noch nichts zu flennen!"

Während sie sich die Spuren ihres Heulkrampfes aus dem Gesicht wäscht, sagt er ihr vor, was sie zu sagen hat:

"Lieber Hans! Ich schicke Dir dieses Video, weil ich mich nicht traue, Dir die Wahrheit direkt zu sagen. Du machst mich unheimlich an und in meinen Träumen wünsche ich mir, endlich ganz Dir zu gehören. Ich will so gerne allen Deinen Erwartungen entsprechen, damit ich in Deiner Nähe sein kann. Weil es nämlich gar nichts gibt, dass ich mir mehr wünsche, als bei Dir zu sein!"

Sie schaute ihn mit großen, gläsernen Augen an. Ungläubig und ängstlich. Es brauchte aber nur noch zwei mal die Erwähnung des Direktors, damit die junge Scheue zu üben anfing. "Hans, ich habe das aufgenommen..." "Sag, was ich Dir vorgesagt hatte! Wortwörtlich!" herrschte der Techniker die junge Frau an, die stotternd seinen Befehlen zu gehorchen versuchte. "Lieber Hans, ich schicke Dir dieses Video..." Es brauchte einige Durchläufe, bis der Text saß.

Und es brauchte noch einmal das Handtuch und das Wasser, als er ihr eröffnete, dass sie, damit das ganze auch lebensecht rüberkommt, halb liegend mit gespreizten Beinen und aufgeknöpftem Kittel ihr Sprüchlein aufsagen sollte.

"Bitte, ich kann das nicht...", flehte das Mädchen ihn mit bettelndem Blick an.