Ein alter Freund

Die Fahrt dauerte etwa eine Viertelstunde. Durch die getönten Scheiben konnte Jessica nicht erkennen wohin sie gebracht wurde.

Als der Wagen hielt stieg nur der Sprecher der drei aus und half Jessica aus dem Wagen. Sie war überrascht und irritiert. Sie hatte sich auszumalen versucht wohin die Männer sie bringen würden. Von einem weiteren heruntergekommenem Stadtteil bis zu einem feudalen Anwesen hatte sie alles erwartet, aber nun fand sie sich in einer Tiefgarage wieder. Nun gut, dem Aussehen nach eine Tiefgarage in einem modernen Bürogebäude, sauber, grosszügig und hell, aber ein Hochhaus in der Stadt hatte sei eben nicht erwartet.

Der Mann ging vor zu einem Privaten Lift den er mit einer Kennkarte öffnete. Das Brett mit der Liftsteuerung zeigte eine beeindruckende Anzahl an Knöpfen. Doch statt einen davon zu drücken benutzte der Mann erneut die Kennkarte um den gesperrten Bereich des Obersten Stockwerks freizuschalten.

Der Lift setzte sich sanft in bewegung, aber man konnte spüren das er mit hoher Geschwindigkeit fuhr.

Jessica ging davon aus, das ihr „Gastgeber“ ein schwer reicher Mann sein musste. Auch heutzutage waren die Mieten für derartig privilegierte Büros in der Stadt astronomisch.

Als der Lift hielt und sich die Türen öffneten, blickte Jessica in eine moderen, elegante Vorhalle. Halle traf es genau den der Raum war mindestens hundert Quadratmeter gross. Ausser einem voluminösen Empfangstisch hinter dem eine junges, äusserst attraktives Mädchen mit schwarzen Haaren in einer roten Uniform sass gab es nur noch ein paar exotische Leuchtkörper und jede Menge Türen in den Wänden. Auch der Boden war mit einem erdig roten, weichen Teppich ausgelegt. Auch hier erzählte die Schlichtheit des ganzen von viel Geld im Hintergrund.

Erschrocken zog Jessica die Luft ein als sie das Firmenschild über dem Empfangstisch sah.

„SHAMROCK Enterprises“ stand da und das Firmenlogo erinnerte all zu sehr an das von Cloverleave.

Ein eiskalter Schauer überlief Jessica. Das konnte doch nicht sein. Das DURFTE nicht sein!

Das Mädchen lächelte Jessica freundlich an. Jessica taumelte eher als das sie ging, ein paar Schritte auf den Tisch zu. Bevor sie oder das Mädchen etwas sagen konnten öffnete sich automatisch eine breite Doppeltür links vom Empfangstisch. Eine Stimme die in Jessica eine verschwommene Erinnerung wach rief erklang.

„Jessica! - Baby! - Schön das du gekommen bist! Komm herein und begrüsse deinen Freund aus besseren Tagen!“

Jessica stand versteinert. Diese Stimme kannte sie. Es war nicht die unverwechselbare Stimme von Richter Doom oder die seines Bruders, aber eine Stimme die sie kannte. Ein alter Freund? Nun, dann aber einer mit dem sie lange nicht gesprochen haben konnte, denn zu der Stimme formte sich noch immer kein Gesicht in ihrer Erinnerung.

„Hey, Jess, lass mich doch nicht so lange warten. Oder hast du Angst?“ erklang die Stimme erneut. Allmählich breitete sich der Geruch nach Tabakrauch in der Halle aus.

Die Arme um ihren Oberkörper geschlungen und zitternd als ob sie frieren würde trat Jessica auf die weit offene Tür zu. Dahinter erkannte sie ein Büro dessen Ausmasse die der Empfangshalle nur wenig unterbot.

Vor einer breite Fensterfront stand ein moderner riesiger Schreibtisch aus viel glänzendem Stahl und Glas und dahinter ein riesiger gepolsterter Chefsessel. An dunkel gebeizten holzgetäfelte Wände hingen gerahmte alte Filmplakate. Die meisten kannte Jessica. Einige waren noch Produktionen der Maroon Cartoon Studios, teilweise mit Roger und ihr als den Stars. Einige andere gehörten zwar auch in den Bereich Cartoon, aber sie gehörten eindeutig in spätere Jahrzehnte. Sie gehörten zu den eher unsäglichen und brutalen „Erotischen“ Animationsfilmen asiatischer Prägung.

Jessica blieb im Türrahmen stehen. Eine unangenehme Ahnung wer ihr Gastgeber war verursachte ein mieses Gefühl in ihrem Bauch.

Ein Freund aus besseren Tagen? Oh ja, und das gerade bereitete ihr ein ungutes Gefühl, vor allem wenn sie bedachte unter welchen Umständen dieses Treffen stattfand.

„Komm nur näher, meine rothaarige Schönheit.“ klang es aus dem Chefsessel dessen Rückenlehne Jessica zugewand war. Mit den Worten stieg eine Rauchwolke hinter der Lehne empor.

Jessica trat ein paar weiter Schritte in den Raum hinein.

„Herman?“ fragte sie zögernd.

Der Sessel drehte sich herum, gleichzeitig ertönte ein lautes lachen. In dem Sessel von dem man nun erkannte das es eine Spezialkonstruktion war sass tatsächlich Baby Herman und lachte hässlich während sich gleichzeitig die Türen hinter Jessica schlossen.

„Hallo Jessica, Darling! Lange nicht gesehen!“ krächzte Baby Herman und sein Gesicht zeigte alles andere als herzliche Wiedersehensfreude.