Die Mathelehrerin ist an der Reihe

Frau Babić hatte er sich wohl hörig gemacht, ansonsten würde er im Notfall noch einen Schritt weiter gehen, doch nun war seine Mathelehrerin an der Reihe. Für ihn war der Physikunterricht die letzte Schulstunde gewesen, und er wusste nicht, ob Frau Luwich noch im Schulgebäude war. Er ging hoch zum Lehrerzimmer und klopfte.

"Guten Tag, können Sie mir sagen, ob Frau Luwich noch da ist?", fragte Thomas den älteren Lehrer an der Türe. Er nickte und verschwand hinter der verschlossenen Tür. Der Junge wartete eine halbe Minute, tippelte von einem Fuß auf den anderen, da öffnete sich die Tür wieder und seine Mathematiklehrerin trat hinaus. "Thomas? Guten Tag, du wolltest mich sprechen?"

Seine Lehrerin war ebenso wie Frau Babić eher elegant gekleidet. Unter einem roten Cardigan trug sie eine weiße Bluse, die keine Durchsicht gewährte, und eine graue Jeans ohne Muster oder Schnörkel. Thomas nickte. Es war nicht sehr voll im Flur, doch im Lehrerzimmer liefen einige Menschen herum. "Frau Luwich, ich glaube, wir sollten uns irgendwo unterhalten, wo uns niemand stört".

"Eigentlich wollte ich gerade gehen, dauert es denn länger?"

"Nein, eigentlich nicht. Wir gehen nur kurz um die Ecke, in einer Minute sind wir fertig"

"Na gut, aber nur, weil du einer meiner besten Schüler bist!", ermahnte sie ihn und verschwand wieder. Kurz darauf kam sie mit einer roten Umhängetasche heraus. Thomas verschwand in einem Nebenflur, der in den Block mit den Physik- und Chemiesälen führte. Sie folgte ihm und lächelte lockend. "Worüber wolltest du mit mir sprechen?"

"Ich habe schon mit Frau Babić darüber gesprochen. Erinnern Sie sich zufällig an eine bestimmte Einweihungsparty?"

"Was meinst du?", sie zog ihre Augenbrauen hoch.

"Haben Sie Angst vor Spinnen, Frau Luwich?", fragte Thomas, und vor Verwirrung antwortete sie nicht. "Könntest du mir bitte einfach erklären, was du von mir möchtest?"

Wieder zog er sein Smartphone und suchte das passende Bild. "Frau Luwich, Sie haben aus Angst vor einer kleinen Spinne nackt in einem fremden Bad gestanden und wurden dabei photographiert, nicht wahr?"

Die Farbe wich vollständig aus ihrem Gesicht. "Aber- so ein Unsinn- wer behauptet-", sie stöhnte auf, als sie das Bild unter das Kinn gehalten bekam. "Woher- aber wie- hat Mira, also-"

"Nein, das Bild stammt nicht von Mira, ich habe es... gefunden, mehr müssen Sie nicht wissen"

Seine Lehrerin musste sich an der Wand abstützen. Sie wusste nichts mehr zu sagen. "Keine Sorge", sicherte Thomas auch ihr zu, "wenn Sie sich an meine Bedingungen halten, wird nichts davon an die Öffentlichkeit gelangen, und ich werde so tun, als hätte ich nichts gesehen, einverstanden?"

Langsam schüttelte die hübsche Blondine den Kopf. "Nein, ich lasse mich nicht von dir erpressen! Du wirst das Bild sofort löschen, oder ich werde zur Polizei gehen!"

Thomas lachte. "Und dann? Das SEK wird mich nicht stürmen. Und wenn ein Briefchen von den Bullen hereinflattert, heißt es: 'Hallo Welt, schaut euch meinen nackten Körper an!' Sie haben die Wahl-", er schnalzte mit der Zunge, "Mia". Er musste nun einen Blöff riskieren, schließlich hatte er bisher noch keinen Zugriff auf ihr Gerät gehabt, doch die Angst davor, dass sie zur Polizei gehen würde, trieben ihn dazu. "Und die heißen Bilder dort, wo man wirklich alles sieht, die sind mir auch nicht verborgen geblieben! Mein Gott, Sie genießen Ihr Leben wirklich, nicht wahr? Fast zu schön, um das nicht zu teilen!" Mit diesen Worten drehte er sich herum und verließ sie. Auch ihr rief er zu "Ich schreibe Ihnen, Ihre Nummer habe ich ja bereits!"