Das Wachsfigurenkabinett

_Deutsche Übersetzung des Originals von https://chyoa.com/user/dr_wankenstein ._

Die erste Halle des Wachsfigurenkabinetts war voll mit den größten Schurken der Weltgeschichte. Vlad der Pfähler, Blackbeard der Pirat, Jack the Ripper, Attila der Hunne. Auf Susie, die sich für Geschichte interessierte, wirkten sie nicht sehr beeindruckend, und sie wusste, dass Attila der Hunne wahrscheinlich keine Irokesenfrisur und keinen rosa Schnurrbart getragen hatte. Aber andererseits konnte das niemand mit Sicherheit sagen.

Sie bemerkte, dass sich kaum jemand in dem Raum aufhielt. Ein paar Jungs kamen herein, warfen einen Blick auf die Schurken, schüttelten den Kopf und gingen schnell in den nächsten Raum. Das kam Susie seltsam vor. Normalerweise mochten Jungs Bösewichter.

Bonnie starrte fasziniert auf ein Wachsmodell von Billy the Kid. Susie ergriff ihren Oberarm und zog sie sanft mit sich.

"Komm schon", flüsterte sie. "Hier geht etwas Seltsames vor sich."

In der zweiten Halle war ein Schild angebracht: Berühmte Frauen der Geschichte - live und ungeschminkt präsentiert!

Susie runzelte die Stirn und sah sich die zweite Serie von Wachs-Modellen an. Helena von Troja, Kleopatra, Boudicea, Johanna von Orleans in einer seltsam dürftigen Stanniol-Rüstung. Die Jungs betrachteten die Frauen mit deutlich größerem Interesse.

Sie konnte verstehen, warum. Diese Modelle waren viel glaubwürdiger als das vorhergehende Set. Fast lebensecht. Ihre Haut strahlte echte Wärme aus. Sie blickte in die Augen von Helena von Troja, die vermutlich aus Glas waren, und glaubte, darin ein Flackern von Bewegung zu sehen. Aber das konnte nicht sein! Auf dem Gesicht der Wachsfigur lag ein seltsamer Ausdruck - ****, als würde sie um Hilfe bitten.

Susie trat einen Schritt zurück. Sie schaute die Jungs an und sagte: "He! Was macht ihr da?"

"Nichts", sagte der Anführer, der den Anstand hatte, ein wenig verlegen zu wirken. Sie kannte ihn. Sein Name war Ben, und er war in ihrer Matheklasse. Ein ruhiger Junge mit zerzausten dunklen Haaren. Einmal hatte sie ihn dabei erwischt, wie er heimlich einen Comic unter dem Pult las. "Ich mache nur Spaß."

"Lass sie in Ruhe!"

Die Rüstung von Johanna von Orleans löste sich in langen Streifen, als einer der anderen Jungen sie herunterzog und zeigte, dass sie darunter nichts anhatte. Vielleicht bildete Susie sich das nur ein, aber sie glaubte, ein leises Quieken zu hören. "Ihr dürft den Models nicht die Kleider ausziehen", sagte sie streng.

"Oh, na gut", Ben zuckte mit den Schultern, "im nächsten Raum gibt es sowieso mehr zu sehen."

"Was meinst du mit dem nächsten Raum?"

"Das kann ich dir nicht sagen. Zutritt für Mädchen verboten."

"Aber ..."

Er war weg, bevor sie antworten konnte. Susie betrachtete die Figur der Johanna von Orleans und spürte, wie ihr eine leichte Hitze in die Wangen stieg. Die sanft gewölbte linke Brust des Modells war entblößt, und aus irgendeinem Grund hatte man sie mit einer äußerst realistischen rosa Brustwarze ausgestattet. Fast hatte Susie das Gefühl, dass sie sie bedecken sollte, aber wie sollte sie ihr die Rüstung wieder anziehen? Außerdem war es ja nur ein Modell, oder?

"Nächstes Zimmer?", sagte Bonnie fröhlich.

"Aber wir dürfen da nicht rein."

"Wollen wir wetten?"