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Chapter 3

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Das Dorf

Julius stieg auf der abgelegenen Seite, wo Eva ihn nicht sehen konnte, von dem Felsen, umrundete diesen und trat dann auf die Besucherin zu. Er hatte sie von seinem Aussichtspunkt aus studiert, als sie ins Tal hinabstieg. Sie war eine junge Frau mit dunklem Haar, das in lockeren Wellen um ihre Schultern fiel. Ihre Haut war blass, fast durchscheinend. Sie trug ein hochgeschlossenes Kleid aus robustem hellbraunem Wollstoff mit langen Ärmeln, die sie bis über die Handgelenke herabgezogen hatte, um die Kälte abzuhalten. Ihre schlanke Taille und die Art, wie sich das Kleid an ihre Kurven schmiegte, ließ darauf schließen, dass sie darunter ein Korsett trug, wie es für die feinen Damen aus der Stadt üblich war. Ein Unterrock gab dem Kleid Volumen und Wärme, und dicke Strümpfe schauten darunter hervor. Ihre Stiefel waren robust, bis zu den Knöcheln geschnürt und sahen aus, als hätten sie schon viele Kilometer Wandern hinter sich. Ein Schal war um ihren Hals gewickelt und ein kleiner Rucksack hing von ihren Schultern.

Trotz ihres robusten Aussehens gab es an ihr eine Zerbrechlichkeit, die Julius berührte. Er wusste instinktiv, dass sie vor etwas davonlief. Im Laufe der Jahre hatte er immer wieder Menschen in seinem Dorf willkommen geheißen. Im Grunde wollte keiner von ihnen ausdrücklich hierherkommen, sondern alle hatten nur die Absicht gehabt, etwas möglichst weit hinter sich zu lassen, um es zu vergessen. Alle wurden von ihrer Vergangenheit eingeholt. Bei dieser jungen Frau war etwas anders, das spürte er.

Eva war unbestreitbar schön. Ihre Gesichtszüge waren zart, fast ätherisch, und ihre Augen funkelten mit einer wilden inneren Entschlossenheit. Julius konnte nicht anders, als Mitleid mit ihr zu empfinden. Sie meinte, dass sie nach dem anstrengenden Anstieg in sein Tal den schwierigsten Teil ihrer Reise hinter sich hatte. Aber er wusste, dass sie das schwerste Stück noch vor sich hatte.

Zumindest ihre Ankunft konnte er ihr erleichtern.

„Ein Gasthaus oder ähnliches gibt es hier nicht“, setzte er den kurzen Austausch fort, „aber in meinem Haus gibt es noch ein freies Bett in der Kammer meiner Enkelin, wenn es dir nichts ausmacht, dir das Zimmer mit jemandem zu teilen.“

„Nein, ganz gewiss nicht. Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie mich unter ihrem Dach aufnehmen.“

Sie gab sich den Anschein, als sei sie mit diesem Angebot zufrieden, aber Julius durchschaute, dass es nicht das war, was sie sich erhofft hatte. Wenn sie eine Fassade errichten wollte, war es nicht an ihm, diese einzureißen. Zumindest noch nicht.

„Komm mit!“

Er gab ihr ein Zeichen, dass sie ihm folgen sollte, und marschierte los in Richtung der Häuser, ohne sich noch einmal nach ihr umzusehen. Seines hohes Alters ungeachtet, legte er ein zügiges Tempo vor und Eva musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Sobald sich Julius ihr angeschlossen hatte, beruhigten sich auch die Wachhunde.

Als sie die kleine Ansiedlung erreichten, erkannte Eva, dass an den Südseiten der Gebäude Gemüsegärten angelegt waren, in denen sie Kohl und Zwiebeln entdeckte. Die Häuser waren um einen Dorfanger herum gruppiert, auf dem ein Brunnen errichtet war. Ein Strahl klaren Bergwassers sprudelte stetig in einen steinernen Trog und aus einem Überlauf auf den Boden, wo es in einer Rinne hangabwärts floss und sich in einer Wiese verlor.

Eva hätte erwartet, dass es auf dem einigermaßen windgeschützten Platz weniger kalt sein würde als auf dem offenen Pfad. Doch im Gegenteil fröstelte sie stärker als zuvor, als sie in das Rund trat und die steinernen grauen Fronten sie von allen Seiten mit matten dunklen Fensteraugen anstarrten.

Julius ging zielgerichtet auf eines der Häuser zu, das sich in keiner Weise von den anderen abhob, öffnete die Tür und trat ein. Sie war so niedrig, dass er sich beim Hindurchgehen bücken musste. Eva folgte ihm ohne zu zögern aus dem Tageslicht in den Schatten.

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