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Chapter 2 by ThormGravis ThormGravis

Was hält die Nacht für Lara bereit?

Es braucht sich Unheil zusammen

In einem anderen Teil von Croft Mansion - entfernt von der schlafenden Lara und ihren beiden bekanntesten Attributen, die sich ruhig im Atemrhythmus wie zwei große Hügel unter der Bedecke leicht hoben und senkten - lag das Arbeitszimmer der Grabräuberin. Durch zwei großes Glastüren mit der Terrasse und dem Außenpool verbunden blickte man Richtung Südosten, der aufgehenden Sonne entgegen, doch bis diese über dem fernen Horizont erwachen und sich langsam erheben würden, würden noch Stunden ins Land gehen. Die Herrschaft der Nacht war ungebrochen.

Laras Arbeitszimmer verdiente selbst unter wohlwollender Betrachtung keinesfalls das Prädikat "ordentlich". Zahlreich Bücher türmten sie zu Stapeln oder lagen aufgeschlagen und einander halb überlappend auf dem Boden, dem niedrigen Beistelltisch an ihrem Lesesessel oder auf dem massiven Schreibtisch aus alter Eiche, der den Raum dominierte. Dazwischen hatten sich Folianten und auf- oder eingerollte Papyri ein wenig Raum erobert. Eine große Landkarte, die den Südwesten der arabischen Halbinsel, das rote Meer und Teile des Sudans und Äthiopiens zeigte, hing mit drei Dolchen befestigt an der Wand neben der Eingangstür. Dass die wertvolle, hölzerne Wandtäfelung dabei einen gewissen Schaden genommen hatte, störte lediglich Laras Butler, der jedoch derartig rücksichtsloses Verhalten der Hausherrin gewohnt war und es still seufzend ertrug.

Lara hatte am vergangenen Tag bis weit nach Mitternacht einen alten, arabischen Text studiert, der sich seit Jahrzehnten, wenn nicht gar seit Jahrhunderten im Besitz der Croft befand. Sie hatte ihn das erstmals als Kind gelesen, als ihr Vater ihn ihr zur Lektüre gab, um sich mit dem Hocharabisch des Mittelalters vertraut zu machen. Zugegeben, hatten gewöhnlich andere Interessen, aber als Erbin eines alten Adelsgeschlechts und Tochter eines namhaften und von seiner Arbeit geradezu besessenen Archäologen, war Lara wohl kein normales Kind gewesen. Seit dem ersten Moment hatte dieser Text - in aufwendiger und sorgsamer Schrift einer alten Lederhaut geschrieben und kunstvoll mit meanderförmigen Bändern am Rande verziert - hatte dieser Text eine seltsame Faszination auf Lara ausgeübt.

Es handelte sich augenscheinlich um den phantasievoll übertriebenen Bericht eines arabischen Kaufmannes, der von einer Reise jenseits des roten Meeres im Osten Afrikas erzählte und allerlei Fabelwesen und mythische Begegnungen auflistete, die ihm begegnet waren oder von denen er gehört hatte. Der Text war sehr gut geschrieben und zeugte von einer hohen Bildung, jedoch war dies für einen arabischen Kaufmann nichts ungewöhnliches. Während in Europa das Zeitalter des finsteren Mittelalters herrschte, war die arabische Welt weit kultivierter gewesen. Trotz dieser Umstände begriff Lara nicht, was sie an diesem Text so sehr fesselte. Seit ihrer Jugend hatte sie sich immer wieder mit ihm beschäftigt. Selbst wenn sie sich mit ihm wegen anderer Projekte und Forschungen ein Jahr oder länger nicht mehr beschäftigt hatte, verspürte sie nach einiger Zeit immer wieder das Verlangen, ihn hervorzuholen und zu studieren. Es grenzte beinahe schon an Besessenheit und Lara war sich dieser unüblichen Hingabe an ein kunstvolles, aber historisch doch scheinbar weitgehend belangloses Zeugnis der Vergangenheit wohl bewusst. Dennoch konnte sie nicht anders. Und wenn sie genauer darüber nach dachte, hatte sie stets das Gefühl, dass mehr hinter diesem Reisebericht steckte als sich auf den ersten (oder auch auf den zwanzigsten) Blick offenbarte.

Nach einigen Monaten, in denen sie sich mehr mit Südamerika und Südostasien befasst hatte, war es gestern wieder soweit gewesen. Nach einem actiongeladenen Nachmittag war Lara einige Bahnen in ihrem Außenpool geschwommen und hatte dabei wieder einmal den Wunsch verspürt, sich mit dem Text des arabischen Kaufmannes zu befassen. Sie war tropfnass in einem ausgesprochen wenig Stoff verbrauchenden Bikini aus dem Pool geklettert, hatte sich abgetrocknet und war ins Arbeitszimmer gegangen. Ohne sich umzuziehen hatte sie die folgenden Stunden mit der Lektüre des Textes verbracht und Dutzende anderer Bücher zu Rate gezogen, die sie aus der großen Bibliothek oder den Kunstsälen des Anwesens heranholte. Sie hatte bis zu Erschöpfung gearbeitet und wie meist das Gefühl verspürt, einem versteckten Geheimnis in diesem Text ganz nahe zu sein, hatte es aber wie üblich nicht gefunden.

Nun, in der Tiefe der Nacht, als Lara sich gerade auf die Seite rollte, wobei das Bettlaken von ihrem Oberkörper rutschte und den Blick auf ihre prallen, perfekt rund geformten Brüste freigab, lag das fast tausend Jahre alte Dokument auf ihre Schreibtisch. Der Mond wanderte über den nächtlichen Himmel und neigte sich langsam dem Horizont entgegen. Sein Licht fiel jetzt, da er so niedrig stand, durch die Fenster und Glastüren, die Arbeitszimmer und Poolbereich trennte. Und so tauchte er auch die alte Lederhaut in seinen fahlen Wiederschein. Die Runen und Meander an den Rändern des Dokuments zogen das Licht geradezu auf und begannen selbst von Innen heraus zu leuchten. Einige Augenblicke später wiederholte sich dieses Schauspiel bei den Buchstaben, die den Text bildeten, doch flammten sie nicht gleichzeitig, sondern nacheinander auf, als ob der Mond selbst den uralten Bericht lese und dabei die Stelle erhellte, an der er sich gerade befand. Niemand in Croft Mansion war wach, um es zu hören, doch leise, ganz leise schien eine Stimme, die keinen Ursprung besaß, die alten Worte vorzulesen.

Und auch wenn ihr Schlafzimmer weit entfernt vom Arbeitszimmer war - in einem anderen Flügel und durch Decken und Wände getrennt - vernahm die schlafende Lara die Worte doch gleichwohl. Sie hörte sie im Traum und wälzte sich in ihrer Seidenbettwäsche umher.

Erwacht Lara?

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